MYONET - Atlas Musculatur Orofacial System

Atlas Musculatur: Besonderheiten III,1,2,3

Erhard Thiele   23 Atlas Musculatur Gliederung       MYONET.Gesamtprogramm inhaltsübersicht     

1.3.2 Diskussion der Physiologie

            der Muskeln des Areals III

        Mundboden und Gaumensegel –

Die Mundbodenmuskulatur hat für alle muskulären Funktionen des orofazialen Systems Bedeutung, für das Sprechen, das Kauen und das Schlucken. J. W. Rohen schreibt dazu:

”Für die Funktionsmechanismen des Kauapparates sind auch die Mundbodenmuskulatur und die langen Muskelschlingen am Hals (Rektusgruppe, Zungenbeinmuskulatur) notwendig. Die Muskeln sind verschiedener Herkunft und beeinflussen primär die Lage des Kehlkopfes. Sie bilden lange, muskuläre Schlingen zur elastischen Stabilisierung der Halseingeweide im Zusammenhang mit dem Kauapparat. Wenn man bedenkt, welche Bedeutung die Mundhöhle beim Menschen für den Sprachapparat erlangt hat, wird die enge funktionelle Zusammengehörigkeit dieser Muskelgruppe mit dem Kauapparat verständlich.” Und weiter: ”Am Zungenbein befestigen sich erstens die Mundbodenmuskeln (suprahyale Muskeln), zweitens die langen Muskeln der Halseingeweide (infrahyale Muskeln) und drittens die tiefen Muskeln des zweiten Kiemenbogens. Alle drei Gruppen sind zu einem funktionellen System verknüpft, das in enger Wechselwirkung zum Kauapparat steht. Die Mundbodenmuskulatur füllt den vom Unterkiefer gebildeten Rahmen weitgehend aus. Man kann Längs- und Quermuskeln unterscheiden, die sich in Schichten übereinander anordnen.” [136, S. 245 f.]

In diesen Schichten folgt unter der Zunge der Geniohyoideus, dann der querverlaufende Mylohyoideus mit der sehnigen Raphe in der Medianlinie – der eigentliche Mundboden (Diaphragma oris) – der sich nach unten zu bindegewebig fortsetzt und hier Durchlässe für die Leitungsbahnen bildet. Diesem folgt, wieder in Längsrichtung, der Digastrikus mit seinem vorderen Bauch. Ist die Mundbodenmuskulatur entspannt, so kann die Zunge in diese wie in eine Hängematte hineinsinken und so das Volumen der Mundhöhle vergrössern, was für die Nahrungsaufnahme und die Sprache von Bedeutung ist. Graduell kann die Muskulatur angespannt und so der Zungenkörper nach oben gehoben werden wie auf einer Hebebühne. Im Synergismus erhalten wir so bei Zungenbewegungen durch den angespannten Mundboden ein festes Widerlager wie beispielsweise beim Schlucken.

 

1.3.3 Abhandlung der muskulären Besonderheiten

            des Areals III

III/1. (M. geniohyoideus)

Oft besteht eine bindegewebige Verbindung der Muskelbündel beider Seiten, auch wechseln Fasern in die Gegenseite.

III/2. (M. mylohyoideus)

Seine Gestalt hat eine grosse Variantenbreite. Er kann zusätzliche Longitudinalfasern am Rand aufweisen, eine Fläche bilden, als Vorder- und Hinterfläche, Lücken aufweisen oder ganz ersetzt sein durch einen verbreiterten vorderen Digastrikusbauch oder nur mit diesem verwachsen. Diese, auch für die anderen Areale beschriebenen Besonderheiten im Muskulären könnten sicherlich oft erklären helfen, warum eine bestimmte Funktion nur unvollkommen ausgeübt und erst durch gezieltes Muskelfunktionstraining von eventuell anderen Muskelzügen übernommen werden kann.

III/3. (M. digastricus)

Er ist der Variantenreichste dieser Muskeln. Der Vorderbauch kann fehlen, beide Bäuche können verdoppelt sein, der hintere einen Zusatzmuskel haben, den Occipitohyoideus, die vorderen Bäuche können diaphragmaartig verbreitert sein, in der Medianlinie zusammenfliessen und Fasern austauschen. Das Platysma (I/13) hat seinem Bau nach auch eine Funktion als Mundbodenstütze.