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IN DAS E-BUCH

Sammlung myofunktioneller Übungen

 

Ein Ratschlag vorweg: 

Eine jede Sammlung ist nur für den nützlich, der sich in ihr auskennt.
Jede Übungen in dieser Sammlung trägt einen  Namen, der einen Merkbegriff für unsere Patienten darstellt. Dieser Name ist zugleich Überschrift für das entsprechende Kapitel´, in dem diese Übung beschrieben wird.. Er sagt für den Therapeuten wenig über den Inhalt des Kapitels aus. Daher kommt der geneigte Leser nicht darum herum, jedes Übungskapitel vorab durchzulesen. Das wird dadurch erleichtert, das die generelle Gliederung für jedes Kapitel/Übung am Anfang einen Absatz aufweist ,Einsatz’ wo beschrieben ist, wie die Übung zu verwenden ist.
Im Verzeichnis "Übersicht " tragen eine ganze Reihe von Kapiteln hinter dem Namen in Klammern den Vermerk (allgemein). Es lohnt sich, diese Kapitel zuvor durchzulesen, weil in ihnen alle die Übungen, die  für bestimmte Zwecke geeignet sind zusammengefasst besprochen und aufgelistet werden.

Sie konnten schon feststellen, dass am Ende eines jeden Kapitels ein Link auf die folgende Seite führt. Und Sie haben auch auf der ‚catalogstart’-Seite links die Auflistung der Seitenabfolge gefunden. Sie können also immer zu dieser Startseite zurückkehren, um sich an einer Stelle Ihrer Wahl einzulinken, gegebenenfalls gleich in die Seite ‚Übungsverzeichnis’, in der Sie gleich die gewünschte Übung aufrufen können.

Die Systematik in der Myofunktionellen Therapie
– eine Synopsis des Therapieprocedere -

 (Revidierte Fassung eines Vortragspapers in Deutscher Übersetzung).
Als Marvin Hanson mich seinerzeit einlud, einen Vortrag auf dem Kongress des IAOM in Orlando zu halten mit dem Thema: ’Welches ist mein System bei der Behandlung“, habe ich versucht, eine Kurzfassung dessen darzustellen, was ich für wichtig halte, um auf dem Gebiet der Myofunktionellen Therapie eine erfolgreiche Behandlung durchführen zu können, kurzgefasst trotz der Tatsache, dass jemand, der über Jahrzehnte Myofunktionelle Therapie praktiziert hat nur noch schwerlich in der Lage sein dürfte, sich kurz zu fassen; trotzdem:
Für Mitmenschen, die sich mit der Behandlung von Gesundheitsstörungen ihrer Zeitgenossen beschäftigen gibt es seit alters her zwei Grundprinzipien zum therapeutischen Vorgehen:
Die Behandlung „ aus dem Bauch heraus“ durchzuführen,
oder aber einen strikten Behandlungsplan zu erarbeiten und diesen konsequent umzusetzen.
Wie so oft, wird es wohl auch in diesem Fall eine Kompromisslösung geben, die beide Methoden zu einem erfolgreichen Behandlungskonzept verbindet, das wir in der Folge zu diskutieren versuchen.

Die „Aus-dem-Bauch-Methode“ lässt sich nicht diskutieren, sie entzieht sich eher jeder Ratio und Diskussion.
Anders die Methode der strikten Planung.
Sollte man sich irgendwo verirren, so ist es von einigem Nutzen, wenn man einen Plan aus der Tasche ziehen kann, seinen Standort bestimmen und einen Ausweg festlegen. Das trifft ebenso zu für eine sorgsame Therapieplanung, und es trifft eher nicht zu für die „modernen“ Konzepte. Heutzutage wird man bezahlt für „erbrachte Leistungen“, nicht fürs Denken, welches nicht in Behandlungszeit oder Positionen berechnet werden kann. (Aus diesen Worten hört man die „alter Generation“ sprechen. Aber, nehmen wir einmal an, wir würden tatsächlich unseren Behandlungsablauf vorausplanen. Dann gibt es mehrere Punkte zu berücksichtigen.
?Kenntnis der physischen Materie mit der man sich befasst, die Anatomie
?Kenntnis der normalen Funktion, die Physiologie
?Bestimmung der Malfunktion und ihres Grades, die Diagnostik
?Vermittlung dessen an den Patienten, die Kommunikation.
?Herbeiführen der Einsicht in die Notwendigkeit einer Therapie, die Compliance.
?Die Autorität zur Akzeptanz von Instruktionen, die Kooperation.
Was muss eine solche Planung berücksichtigen?:

1. Die physische Materie               Anatomie

2. ihre normale Funktion                Physiologie

3. Art und Grad der Fehlfunktion   Diagnose

4. dies darlegen gegenüber            Kommunikation
     dem Patienten                             

5. seine Entscheidung zur
     Zustandsänderung                
   Compliance

6. sein Wille, dem Therapeuten
     zu folgen                               
 Kooperation

Das sind die Ansätze, die beachtet sein wollen, bevor die eigentliche Therapie beginnen kann.
Punkt 1, die Anatomie ist reichlich unbeliebt.
Versuche ich aber, den Kontakt mit dieser Materie zu vermeiden, so kann ich gleich den Kontakt mit dem Patienten meiden. Wie will ich das Geschehen beurteilen, wenn ich nicht die Akteure hinter der Szene kenne?
Des Weiteren:
Es ist eine Therapieplanung erforderlich, ein zeitbezogener Ablaufplan. Dazu müssen die Therapiemethoden in einen Zeitfluss gebracht werden. Diese Methoden werden nicht nur vom Trainern für Hochleistungssportler angewandt, wir finden sie ebenso gut beschrieben in der Fachliteratur über Trainingsphilosophie oder in Therapieabläufen in der Krankengymnastik.
Der moderne Sportler kommt ohne diese Grundlagen nicht aus, was bedeutet:
Muskeltraining geht nicht ohne.
Vor Beginn der Arbeit an dieser Übungssammlung war also Einblick in diese Fachliteratur zu nehmen.
Eine frühere Veröffentlichung im Journal der IAOM (
Thiele,E.: Timing In Myofunctional Training, The International Journal Of Orofacial Myology,

November 1996, Volume XXII Page 28-31) mit dem Vortrag von der Tagung in St. Louis hatte auch dies zum Thema.
Zur Erinnerung:
Es stehen nicht nur spezielle Übungen  für jeden Muskel und Anlass zur Verfügung, sogar die einzelne Übung kann sozusagen verschiedene Facetten aufweisen. Zum Beispiel:
Vollführt man eine Muskelkontraktion und hält diese, so ergibt das eine Halte- oder statische Übung um zum Beispiel eine Haltung zu habitualisieren. Führt man die Übung sanft aus, lässt sich der Tonus reduzieren um eine Hypertonie zu behandeln, oder, das Gleiche mit viel Kraft zur Stärkung, in Zeitlupe um die Aktion zu balancieren oder in raschem Wechsel hin und her, für die Motilität. Dies sind die Grundmöglichkeiten.
Darüber hinaus gibt es bestimmte Möglichkeiten, die verschiedenen Modi und / oder Übungen zu kombinieren. (Beschrieben in den Kapiteln über das TIMING.)
All dies kann die einzelne Übung und die Trainingssitzung effizienter werden lassen.
Das wiederum erfordert, dass man sich sehr genau damit auskennt, was es für Übungen gibt und welchen Gehalt sie haben, um nicht den Erfolg dem reinen Zufall zu überlassen, der klassischen ‚Aus-dem-Bauch’ Methode!
Ausserdem muss natürlich eine ausreichende Dokumentation und gegebenenfalls die passende Co-Therapie  so wie die erforderliche Nachbehandlung durchgeführt werden.

Dies alles soll hier nicht detailliert abgehandelt werden; zur Diskussion steht hier

-         die Hintergründe einer gestörten Funktion aufzudecken,

-         diese mit dem Hintergrund der normalen, gesunden, physiologischen abzugleichen,

-         die Defekte zu erkennen,

-         ein Schema zur Wiederherstellung des korrekten, normalen, physiologischen Hintergrundmusters zu konzipieren.

Dazu müssen drei Details der Hintergrundinformation geistig verfügbar sein:

1. Die genetische Schlüsselfunktion des betreffenden Organteils.

2. Die Anlage seines funktionellen Hintergrundes

3. Das komplette Repertoire unserer Methoden, vornehmlich der Übungen.


Hierbei ist unerwähnt geblieben, dass selbstverständlich die normale Funktion des betreffenden Systems bekannt sein muss. Sicherlich sind noch viele andere Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Es ist reine Detektivarbeit, die Störung zu entdecken, Habits des Patienten durch heimliches Beobachten während der Eingangsunterhaltung auszuspähen und sozusagen nach „Fingerabdrücken des Übeltäters“,  auch am gesamten Körper zu suchen oder sowohl präzise, als auch verborgene Fragen zu stellen.
Das bedeutet natürlich, dass wir zumeist mit der Variante „die Funktion zeitigt die Form“ konfrontiert werden, oder besser, „Störungen in der Funktion ergeben Störungen in der Form“.
Gemeinhin sollte man vielleicht denken, die dominante Struktur des Körpers wäre jene, die dem Zerfall am meisten trotzt, die Hartgewebe. Man würde sich den Körper als eine Art Kleiderständer vorstellen, wie man sie in Hotels findet, um die Kleidung darauf zu hängen. Das wäre dann unser Skelett. Das darüber gezogene Weichgewebe würde sodann die Figur vervollständigen. Wir wissen jedoch um die Schlüsselfunktion der genetischen Entwicklung; hier zeigt sich ihre fundamentale Bedeutung.
Wie muss man die genetische Schlüsselrolle für die Muskulatur sehen?

 Die genetischen Grundbedingungen.
Die Evolution

Es ist eine Grundbedingung zum Verständnis der selbstregulierenden neuromuskulären Mechanismen (hier für unser Therapiegebiet) sich zu vergegenwärtigen, wie sich Struktur und Funktion dieser Region entwickelt haben.
Grundsätzlich starten wir mit einer Einzelzelle (siehe Illustration), die an einen Wirtsorganismus angeheftet ist und wächst. Das bedeutet, dass sich die Zelle vervielfacht und so ein multizelluläres Konglomerat bildet, welches, wahrscheinlich durch Selektion, zu dem wurde, was wir heute sind. Die meiste Zeit über bestanden wir nur aus Weichgewebe und für eine ziemliche Zeit aus einem Muskelschlauch.
Was war der Grund für diese Entwicklung?
Nahrungsaufnahme, Essen!
Je länger die Nahrung in direkter Nachbarschaft zu den sekretierenden (secernierenden) wie auch den absorbierenden Zellen der Körperoberfläche (zunächst der äusseren im Entwicklungsverlauf später der inneren) verweilt, desto grösser ist der Effekt. Je geschützter dieser Vorgang abläuft, desto besser ist das Resultat.
Wenn ich die Überbleibsel direkt in den Strom der aufgenommenen Nahrung hinein ausscheide wird die Substanz eher nicht besonders frisch erscheinen. Konsequenter Weise schaffe ich also eine zweite Öffnung in dem Beutel (der in dieser Gastrula-Phase meinen Körper darstellt) für die Nahrungsaufnahme: Ich werde dann schnell lernen, dass, wenn ich mich ab und an zusammenschnüre, dieser Prozess auf sehr günstige Weise zu beschleunigen ist.

Das bringt mich dann dazu, dass ich Impulse der Schnürbewegung meinen schlauchförmigen Körper entlang laufen lasse und zu erkennen, dass ich nicht nur die Materie durch mein röhrenförmiges Inneres presse, sondern gleichzeitig die ganze Röhre vorwärts, um an neues Material zu gelangen
Die Peristaltik hat mir also schon ein wenig weitergeholfen, jedoch nicht dazu geführt, dass neue Nahrungsquellen erschlossen wurden.
Die wabblige Röhre macht mich nicht gerade zu einem guten Geher, ganz zu schweigen vom späteren Jäger und Carnivoren. Mittlerweile, wenn dann meine ständigen Bemühungen dazu geführt haben, dass sich in meiner Muskulatur längliche chondröse Veränderungen gebildet haben,  und wenn ich mich dazu entschlossen habe, diese auch zu benutzen, dann ist der Weg frei, um vorwärts zu gelangen. Die Muskeln haben ihre eigenen Krücken erfunden und werden ständig fortfahren, diese anzupassen. Eine kleine Faustskizze soll helfen, diesen Entwicklungsprozess zu erläutern. Dem grünen Pfeil im Entwicklungsprozess folgend bekommt die einzelne Zelle Besuch, verbindet sich und beginnt mit der Teilung – 1 – 2 – 4 – 8 – 16 – über das Morula-Stadium, die „Murmel“, dann  die Blase „Blastula“, folgend die Einstülpung „Gastrula“, die Streckung und Schaffung einer zweiten Öffnung neben dem Ur-Mund, später anschliessend das Amphioxus-Stadium, in dem knorpelige Versteifungen den Körper zu stabilisieren beginnen.
Der Leitgedanke bei dieser Entwicklung scheint also zu sein, wie die Zellen optimal zu ernähren sind, wenn ihr Konglomerat mehr und mehr an Grösse zunimmt. Bei einem kleinen Zellhaufen kann sich bequem jede Zelle aus der ihn umgebenden Lösung der Wirtsumgebung bedienen. In einem grössern Haufen bekommen die innen liegenden Zellen nichts ab, daher bildet sich die Hohlkugel. Ihre Zellen müssen ihre Nährstoffe aus der vorbeiströmenden Matrix aufnehmen. Die folgende Invagination begünstigt einen Digestionsprozess, da nun die Matrix nicht mehr vorbeiströmt und so auch die von der Zelle abgegebenen Fermente besser wirken und eine Aufnahme der Stoffe erleichtern können. Je tiefer die Invagination sich ausbildet, desto gründlicher verläuft dieser Prozess. Nur, wie schon angedeutet, Verdauungsrückstände und frische Nahrung durchmischen einander. Die Lösung für dieses Problem ist dann das die Schaffung des Hohlrohres mit einer zweiten Öffnung und einer Durchströmungsrichtung im Wurmstadium. Und von da an ist es nicht mehr weit bis zu der uns so interessierenden Peristaltik eines mit einer Muskelwand (primär) ausgestatteten Schlauches, die nicht nur die Nahrung durch den Wurm, sondern bald auch diesen durch die Nahrung zu befördern beginnt. Mit den erhöhten Ansprüchen an die Wahl des Umfeldes bezüglich der Qualität der Nahrung muss dann die Beweglichkeit verbessert werden, was zur Stabilisierung des Körpers zunächst durch Umwandlung von Muskelfasern in Knorpelspangen (sekundär) führt, die später verknöchern in Richtung Wirbeltier.
So viel über die Dominanz der Muskulatur über den Knochen und über die Funktion, die die Form bestimmt.
Für unsere therapeutischen Fälle muss es dann wohl eher heissen:
„Funktionsstörungen zeitigen Formstörungen“.
Dieser Grundgedanke soll uns bei unserem diagnostischen Vorgehen leiten.

Meinen ersten Eindruck von meinem Patienten werde ich gewinnen, wenn ich in sein Gesicht schaue. Wenn man jahrelang praktiziert und seine Patienten durch die Jahrzehnte begleitet hat, bemerkt man den nachhaltigen Einfluss, den die Muskeln auf die Gesichtsform haben, was nicht nur für die Oberfläche gilt, seinen mimischen Ausdruck, es betrifft auch den Knochen und Gesichtsschädel. Ein kontinuierlicher muskulärer Druck ohne den entsprechenden antagonistischen Gegendruck wird unweigerlich den tragenden Knochen in die Richtung der angreifenden Kraft verformen. Der Knochen liegt praktisch wie der Zeiger einer Waage zwischen den antagonistischen Muskeln und steht nur gerade, wenn die Kräfte sich ausgleichen (Bild). Ich habe das sehr offensichtlich feststellen können bei zwei Arten von Verhalten. Die Kieferwinkel bei jungen Menschen, die unter den Einfluss eines sehr stressigen Berufs gerieten, als sie ins Arbeitsleben kamen bogen sich auswärts und erzeugten so ein quadratisches Gesicht. Die gleiche Situation in der Gegenrichtung; der gehemmte, introvertierte Charakter verspannt häufig den äusseren Muskelgürtel der Mundhöhlenwand, das ist der Muskelverbund, der sich zusammensetzt aus  dem Buccinator der einen Seite  - dem Risorius – Orbicularis – Risorius und Buccinator der anderen Seite.
Das ergibt dann den Effekt eines Zusammendrückens der Zahnbögen was schliesslich zu ihrem Kollaps führt. In früheren Veröffentlichungen habe ich diesen Aufbau der Mundhöhle mit ihrer inneren und äusseren Muskulatur  verglichen mit dem Vorgehen bei der Rekonstruktion der Fragmente einer alten Amphore, wo ein Spezialist die Teile zu ihrer früheren Form zusammenfügt, indem er sie auf einer weichen Form zusammenleimt, die ähnlich ist mit einem leicht aufgeblasenen Luftballon, auf den der Aussendruck ausgeübt wird durch eine Gummifolie.
Dieses Beispiel soll den Einfluss der inneren und äusseren facialen Muskulatur auf den Knochen veranschaulichen.
Es erinnert an den alten Spruch:“ Wenn Du nicht aufhörst Gesichter zu schneiden, wird es eines Tages so stehen bleiben“. Oder: “Von einem gewissen Alter an ist ein jeder für seine Physiognomie selbst verantwortlich“.
Was uns zu dem Schluss veranlasst, dass für die Muskulatur der Knochen wie Wachs ist.
Wenn wir nun nach Hinweisen suchen, um ein neuromuskuläres Problem aufzuspüren sollten wir nach weiteren Anzeichen forschen, die sich aus unseren eigenen Beobachtungen ableiten oder aber aus den Resultaten von Nachbardisziplinen;
Muskelläsionen, neurale Fehlfunktionen (das Multiple Movement Syndrome etwa) oder angeborene Fehler. In diesem Zusammenhang sollten wir uns daran erinnern, dass ein Fehler in einem neuromuskulären System eher dazu neigt, sich zu wegen der  zusätzliche und atypische Belastung  zu verschlimmern (Aggravierung). Sie entsteht durch die dauernde zusätzliche und atypische Belastung, die auf dem System liegt, da es unter dem ständigen Zwang steht, den lebenserhaltenden Effekt zu erzielen, für den es geschaffen ist ungeacht seines gegenwärtigen Funktionierens in einem Notprogramm. Das gilt dann auch für die Überforderung der Fähigkeiten der (bislang) nicht beeinträchtigten Systemteile. Dieser Zustand wird es auf lange Sicht langsam aber stetig zerstören. Das System ist nicht in der Lage, den Physiologischen Rahmen aufrecht zu erhalten, der schliesslich zusammenbricht.
Bezüglich der Fehlersuche sollten wir uns wiederum eines Schemas bedienen:

Wir wollen hier nicht im Detail über das „Scannen“ der Orofacialmuskulatur durch die 
Diagnostischen Übungen diskutieren. Diese sind wie gesagt verfügbar auf dieser Website. Nur so viel: Uns stehen Übungen für jede Art Muskelfunktionstest zur Verfügung.
Nachdem man jeden einzelnen dieser Tests abgearbeitet hat (unter Berücksichtigung aller Muskeln und/oder Funktionen auf unserem Gebiet) ergibt sich ein ziemlich sicheres Bild über Lokalisation und Ausmass der Dysfunction. Diagnostische Übungen so wie Tonometer-Übungen (zur Messung der Muskelstärke) finden sich auf dieser Website unter dem jeweiligen oben genannten Link.
Inzwischen ist das Tonometer in die Jahre gekommen und, so fürchte ich, überholt worden von einem elektronischen Gerät eines befreundeten Kollegen. Obwohl, das Tonometer ist ein robustes Gerät, sogar in den Händen von Kindern ( und unterewasser - wie auch immer es dorthin gelangen sollte). Wie auch immer, ich führe diese Tests als zweiten Schritt aus.

Mein erster Schritt wird immer die Suche nach sichtbaren Veränderungen an den Geweben sein: Gesichtsformen, wie erwähnt, Lippenbogenform, Zungenstruktur, Form des Gaumens und der Zahnbögen und natürlich beobachtbare Funktionen wie Lautbildung, Atmung, Mundhaltung und alle Arten erkennbarer Habits und damit einhergehender Markierungen. Ein unbalancierter antagonistischer Muskeldruck zum Beispiel wie in dem erwähnten äusseren und inneren Muskelsystem der Mundhöhle wird eine Dislocierung von Hartgeweben wie Knochen und Zähnen in der für die Kieferorthopädie so charakteristischen Weise von Zahnkippungen mit sich bringen; Folgen von nicht ausgewogener Muskelkraft haben eine fortschreitende Desorganisation zur Folge, was dann zu weiteren Deformationen führt.
Es wurde das Kugelschalenmodell für den Gesichtsschädel erwähnt mit seiner inneren Muskelkugel  und der äusseren Muskelhülle, die ausbalanciert das dazwischenliegende Hartgewebe so lange in einer indifferenten Position halten, wie die Muskelkraft ausbalanciert ist – ähnlich dem Zünglein an der Waage.

Verlassen wir dies Thema und kehren zurück zum Aufbau einer Therapie.
Das ist, wie gesagt, eine wichtige Aufgabe zum Beispiel für den Trainer im Sport: Die Methodologie des Zusammenstellens von Muskelübungen zu tauglichen Trainingseinheiten. Wie sehe oder verwende ich den Gehalt einer Übung, dynamisch, statisch, stärkend, relaxierend. Wie kombiniere ich Übungen  zu einer Sitzung so, dass sie in der spezifischen Kombination noch effizienter werden, indem sie sich gegenseitig unterstützen.
Das erinnert an die Physiotherapie, Fitnesstraining. Was mich wiederum daran erinnert, dass ich von dem interessanten neuen Messgerät berichten will, dass zuvor erwähnt wurde. Wir diskutierten darüber auf einem der Treffen des CCMF in Deutschland. (Um es einzuflechten: Wir mussten unseren Arbeitskreis für Myofunktionelle Therapie damals aus administrativen Gründen auflösen. Der ‚Rest’ oder harte Kern einigte sich auf die Gründung einer Art wissenschaftlichen Webkompanie, dem CCMF. Kompetenzzirkel Cervico Craniale Myo Funktion – besuchen Sie uns im Internet (www.ccmf.de ).
Aber zurück zur erwähnten Physiotherapie oder dem Fitnesstraining:
Sie kennen diese Geräte in den Fitness-Studios, die uns dabei behilflich sind, unsere Muskeln in Form zu bringen oder die alten Gelenke in Bewegung zu halten.
Mein Kollege Klaus Berndsen hat ein Gerät vorgestellt, das die Therapie verkürzen und effizienter machen sollen indem er eine Apparatur einsetzt, die den alleinigen Zweck hat, unsere Muskelfunktionsübungen effektiver zu gestalten. Zu weiteren Details darüber siehe die Website www.ccmf.de oder seine Website http://www.isst-unna.de, Stichwort Faceformer.
Wenn man über die Erfolge liest, die er mit dieser Vorrichtung erzielt , fühlt man sich veranlasst den Hintergrund dafür zu analysieren, wieso dieses Verfahren wirkt. Es gibt eine ziemliche Menge Vorschläge für den Gebrauch von Geräten für das Bekämpfen von Knirschen, Schnarchen, Mundatmen, nicht atmen bei Nacht, Zungenfehlhaltung und alle diese Dinge, die unser Muskelfunktion abhängiges Leben so schwierig oder auch interessant machen. Um eine genaue Definition von meinen Prämissen zu geben:
Brauchbare Vorrichtungen  für unser Trainingskonzept:
- sollten gewünschte physiologische Aktionen unterstützen,
- sollten sich im Physiologischen Rahmen bewegen.
Nehmen wir eine Schnarchhilfe als Beispiel. Das Gerät ist aus Kunststoff in der üblichen Hufeisenform. Es ähnelt dem Zahnschutz eines Boxers (wo es wirklich Sinn macht – abgesehen von der Tatsache, dass es für mich nicht so arg viel Sinn macht, jemandem auf den Kiefer zu hauen). Ganz ähnliche Geräte sind bekannt als Schienen zur Zahnstabilisierung, besonders bei Leuten, die ihre Zähne durch Knirschen und Bruxen verlieren. Solche Geräte können bis zu einem gewissen Grade nützlich sein, wenn sie in der richtigen Weise konstruiert worden sind, um sich der neuromuskulären Performance von Kiefer- und Gelenkbewegungen anzupassen. (Siehe Paper "Die Temporomandibulargelenke im Formenkreis der rheumatischen Erkrankungen" zum Symposion an der Rheumaklinik in Garmisch-Partenkirchen im Januar 2011)
Stattdessen sind sie oft so konstruiert, dass sie den Kiefer vorwärtszwingen, indem sie den mandibulären Zahnbogen frontal zu seiner natürlichen Intercuspidation positionieren. Nach einer längeren Anwendung beobachtet man ein Rückwärtsweichen des Unterkieferknochens während der Zahnbogen in der unnatürlichen und nicht intercuspidierenden rostralen Position gefangen ist. Das resultiert sodann in einer permanenten Verschiebung der Zähne im Knochenbett, mit vielen Schwierigkeiten beim Kauen verbunden und gefolgt von Schädigungen in den Muskeln, den Gelenken und natürlich im Parodont der Zähne. Eines ist ausschlaggebend für alle Gerätschaften, die in neuromuskuläre Prozesse eingreifen:
Sie sollten nie etwas mit Gewalt stoppen, verhindern oder unterdrücken,
weil dies unphysiologische Reaktionen, Gefühle, Bewegungen und nicht zuletzt Gewebeveränderungen bedingt.

Unsere Systeme können sich Umweltanforderungen in einem erstaunlichen Grad anpassen, innerhalb ihres physiologischen, ‚normalen’ Funktionsspektrums. Normale Funktion müsste man dann definieren als: 
Den gewünschten Effekt erzielen mit
- optimalem Resultat
- unter minimalem Stress.
Andererseits, gezwungen, den gewünschten Effekt unter unphysiologischen Bedingungen zu erzeugen, zum Beispiel beim Überwinden einer Gewebeveränderung, arbeiten unter einem überspannten Muskeltonus oder unter irgendeinem 'komischen Gerät' wird zu weiterer Schädigung innerhalb des Systems und seiner Umgebung führen.
Die Gerätschaft soll für das System Hilfsmassnahme sein, nicht Zwangsmassnahme.
Ausserdem, meist wird der therapeutische Erfolg dann nicht stabil sein, nachdem das Gerät abgesetzt worden ist. Wenn wir uns dazu entschliessen, irgendwelche Gerätschaften einzusetzen, sollten wir die Pro’s und Kontra’s sorgfältig abwägen.
Versuchen Sie einmal, meinen Gedankengängen zu folgen: Das Ding, über das wir gesprochen haben, die – sie kann in der Tat Leuten in chaotischen Situationen helfen, wenn sie dabei sind, sich die Zähne rauszuknirschen, sich dessen bewusst, aber unfähig es zu lassen. Bevor man ihnen irgendeine geeignete Methode von myofunktionellem und mentalem Training beibringen kann, muss unmittelbar geholfen werden. Also, was geschieht just in dem Moment, in dem wir die Schiene in den Mund einsetzen? Vorausgesetzt, dass wir versucht haben, jeden möglichen gnathologischen/ myofunktionellen Aspekt bei der Konstruktion zu berücksichtigen -
Das Positive zuerst:
Es existiert bei dem Ganzen ein mentaler Zugang. Der Patient setzt die Schiene in den Mund, bewusst, dass das gut für ihn ist und ihn aufhören lässt, mit den Zähnen zu knirschen.
Das wird für ihn von einigem mentalem Wert sein. Der zweite Aspekt ist rein gnathologischer Natur. Wenn die Schiene richtig konstruiert ist, bietet sie eine Front- Eckzahnführung, was bedeutet, das mittels der Sensorzellen in den Eckzähnen (Mechanotransduction) der selbststeuernde neuromuskuläre Regelkreis, ein Feed-back Kreis aktiviert wird. Mir kam es bei Eingliederung so vor, als wenn man einen Schalter  umlegt und die Kontrollfunktion anfängt zu arbeiten.
Das dritte Positive könnte man mehr oder weniger vernachlässigen, es bezieht sich auf die rein mechanische Funktion des Reibens der Zähne aufeinander. Mittels der Schiene können sie sich gegenseitig stabilisieren, und der Abrieb ist auf den Kunststoff beschränkt.

Der negative Aspekt bezieht sich auf die logische, die physiologische Reaktion des Steuerzentrums. Man tut etwas in den Mund – die Information wird nach oben übermittelt zum Kauzentrum und sofort beantwortet mit dem Befehl ‚Kauen’!
Genau das wollten wir eigentlich verhindern. Auf diese Weise ist die Schiene für uns in myofunktioneller Hinsicht kontraproduktiv.
Der zweite Grund für Kontraproduktivität ist auch von unserer Warte aus gesehen:
Es gibt keinen erzieherischen oder Trainingswert bei der Methode. Das ganze ist eine Krücke und nur eine Krücke.
Ist eine Krücke eine Therapie?
Zurück zu meiner anfänglichen Bemerkung über Geräte für unsere therapeutischen Bemühungen. Sie können tatsächlich nützlich sein, wenn sie Ihren sorgfältigen und systematischen Nachforschungen nach allen denkbaren Effekten standhalten.
Prinzipiell, was für die eine Störung hilfreich ist, muss nicht unbedingt für alles hilfreich sein. Man denke an den kleinen Gummiring. Berühmt und bekannt als die Myofunktionelle Therapie. In bestimmten Fällen kann der Ring tatsächlich nützen.
Das bringt uns auf einen anderen Gesichtspunkt: Der Masterplan für ein physiologisch arbeitendes System lautet:
Erziele den gewünschten Effekt mit einem optimalen Resultat unter minimalem Systemstress.
Jede Aktion für die ein System nicht ausgelegt ist, lädt entschiedenen Stress auf seine Komponenten mit der Folge einer Schädigung.
Wenn wir also ein ausreichendes Resultat erzielen, sollten wir die Augen nicht vor der Frage verschliessen, ob das Resultat von einem physiologisch arbeitenden System generiert wurde oder etwa durch eine Notfallprozess, vorgegeben, um die Gesundheit kurz zwischenzeitlich zu garantieren nach den Regeln einer Adaptation.  Bezüglich der ‚Hardware’ gilt für die Gewebe in einem Regelkreis eines operativen Systems: Adaptieren bedeutet nicht umwandeln. Wenn das System aus sich heraus adaptiert, so bleibt die Sequenz der Prozess-Schritte die gleiche. Die Intensität mag verändert sein, um bezüglich des Resultates den veränderten Anforderungen nachzukommen. Adaptation an einen veränderten Aktivitätsgrad  muss nicht zwangläufig die negative Veränderung an Geweben zu Folge haben. Allerdings tut es das doch sehr häufig – man denke an den alternden Leistungssportler oder an den Tennisarm – myogelotische Veränderungen in den Muskelfasern und Entzündungen in den Gelenken durch einen langandauernden Muskelhypertonus. Natürlich findet man das auch im Kausystem, den Zungenmuskeln, in jedem Teil des orofacialen Systems. Man denke nur an die Prominenten mit ihren chirurgisch korrigierten Puppengesichtern die versuchen, Gewebeveränderungen in Form von Faltenbildung zu vermeiden indem sie sich die entsprechenden Hautmuskeln durch Bototox-Injektionen paralysieren lassen. (Es wäre eine lohnende Aufgabe, diesen Menschen beizubringen, besser nicht ihre Muskulatur zu missbrauchen – ein spezielles Kapitel (MOI) der Übungssammlung auf unserer Website
behandelt die Probleme von Gesichtern bei alten Leuten.)
Um auf unser Problem zurückzukommen: Adaptation ist bei weitem nicht so schädlich. Was wirklich schädigt ist die Konversion, die Umwandlung der Gewebe eines neuromuskulären Systems.
So etwas findet sich im gesamten Organismus. Meist rührt das von Verletzungen her.
Ein Glied in der Aktionskette wurde geschädigt oder zerstört. Nun muss das System die Aktion ohne dieses Glied arrangieren. Das Resultat wird in den meisten Fällen recht unvollkommen und inkompetent sein, während die restlichen aktiven respektive überaktiven Kettenglieder mit der Zeit schweren Schaden nehmen.
Was uns die Natur in diesem Fall lehrt ist, dass unser therapeutische Vorgehen sich in das Schema einfügen soll, nicht über das Schema bestimmen.

Wir wollen uns hier und für jetzt zufrieden geben mit den drei erwähnten Themen, genetische Schlüsselrolle, funktioneller Hintergrund, therapeutisches Handwerkszeug.
Das erste, die genetische Prägungen haben wir bereits diskutiert.
Muskulatur dominiert den Knochen, sie hat ihn entwickelt, geschaffen.
Das ist eine fundamentale Tatsache seit alters her und gilt bis heute.
Wenn also eine fehlgeformte Knochenstruktur vorliegt, so sollten wir uns darüber klar werden, welcher Muskel in dieser Region wie funktioniert respektive fehlfunktioniert.
Die kleine Geschichte über die Evolution weist jedoch noch auf eine andere Tatsache  hin.
Die meisten Muskeln, mit denen wir uns auf unserem Gebiet beschäftigen haben ihre Charakteristika aus den alten Mustern entwickelt, wie zum Beispiel die Peristaltikbewegung der Muskelröhre, dem Wurm und hauptsächlich aus dem lebenserhaltenden Grund der Nahrungsaufnahme, der Verdauung und dem Erjagen. (Physiologische Grundbedingung! Leben erhalten!)
Und:
 Die Gesichtsmuskulatur hat sich differenziert aus einer Muskelschicht (Anatomie). Denken wir an das Wurmstadium mit einer inneren und einer äusseren Schicht. Auch recht weit entwickelte Säugetierembryos, wie beim Menschen, weisen anfangs noch die eine einheitliche Muskelschicht der Gesichtsmuskulatur auf. Wenn man diese Tatsachen ‚im Hinterkopf’ hat, so wird und soll das unweigerlich die Anamnese und Diagnose beeinflussen. Das ist nicht auf die erwähnten Gebiete begrenzt. Berücksichtigt man die Genese eines Körperteils, so werden bezüglich der genetischen Vorgaben  bestimmte Abläufe vitaler Reaktionen per se ein- beziehungsweise ausgeschlossen. Bezüglich unserer Beispiele: Habe ich die Peristaltik des Muskelschlauches der Wurmphase vor Augen, werden sich die einzelnen Schritte der Schluckreflexkette von selbst erklären. (Habe ich das Amphioxusstadium respektive den Entwicklungsschritt mit den Kiemenbögen im Sinn, so frage ich nicht, wieso der Luftröhrenzugang vor dem der Speiseröhre liegt. Die Kiemen sind unten, wo das (Atem-)Wasser abfliesst. Die ausgefilterte Nahrung geht geradeaus weiter!)

Und genau so erklärt sich auch die Entwicklungsphase der beschriebenen Muskelschicht bei ihrer Differenzierung in mal mehr, mal weniger ausgeprägte einzelne Muskelzüge in der Orofacialmuskulatur. Daraus leitet sich ab, dass manche Menschen ganz einfach nicht die verschiedenen nebeneinander liegenden Muskelzüge getrennt bewegen können, weil diese einfach nicht individuell in einzelne Züge ausdifferenziert sind. Und trotzdem müssen wir eine akzeptable Lösung finden, wie wir für befriedigende neuromuskuläre Aktionen und Resultate sorgen können.

Unser Thema 2:
Das Layout des funktionellen Hintergrundes.
Unsere Erfahrungen mit der Entwicklungsgeschichte vermitteln uns, dass wir in vielen Fällen einen  ,historischen’ selbstregulierenden Mechanismus, einen Feed-back Kreis mit einer ‚short-cut’ (verkürzt automatisiert) Reaktion vor uns haben:

Steuerzentrum – efferente Nervbahn – Nervende am Muskel (dem sichtbar arbeitenden Anteil) – Rezeptorzelle in diesem (registriert Zustand und meldet ihn zum Zentrum) – afferente Nervbahn – Steuerzentrum.
Ein sehr interessantes Detail mit dem dieser Reaktionskreis läuft, ein biomechanisches Prinzip: Alles hängt ab von der Mechanotransduktion.
Wenn die Rezeptorzellen unter irgendeinen mechanischen Druck geraten, so wandeln sie diesen um in elektrische Impulse, die dann an das Steuerzentrum übertragen werden können.
Denken wir uns nun um diesen Schaltkreis einen Rahmen, einen 'Grünen Rahmen'. Er soll für uns von besondertem Interesse sein. Er steht für den ‚Physiologischen Rahmen’ (physiologisch bedeutet lebenserhaltend, wie wir bereits definiert haben) in dessen Grenzen das System funktioniert oder funktionieren soll indem es alle die integrierten Qualitäten (oder Rahmenbedingungen) zur Geltung kommen lässt.
Wir können uns das Ganze als ein Mosaikbild oder Pussel vorstellen (jig-saw puzzle), bei dem jedes Einzelteil für eine der Qualitäten eines neuromuskulären Systems steht, die unverzichtbaren ‚Zutaten’ die sein korrektes Funktionieren und somit den lebenserhaltenden Effekt ermöglichen, da eben das ja die Bestimmung eines Systems im Organismus ist:
physiologisch = lebenserhaltend.

Das Pusselbild
Worum handelt es sich bei diesen Qualitäten?

ORIENTIERUNG

SENSIBILITÄT

MOBILITÄT

MOTILITÄT

TONUS

KOORDINATION

HABITUALISIERUNG

Sie sind hier in einer bestimmten Reihenfolge aufgelistet, gesehen vom Standpunkt des Therapeuten. Nehmen wir ein Beispiel aus der Zahnmedizin.
Wir sind heute, wie erwähnt, mehr und mehr beschäftigt mit der Stresskrankheit Kieferpressen und zwar in seinen vielfältigsten Formen. Wenn ich nun beabsichtige, irgendetwas zu verändern, dann muss ich natürlich uns beide, Patient und Therapeut, durch die, wie anfangs erwähnt, vorbereitenden  Massnahmen zur Mitarbeit dirigieren, zur:
‚Compliance’=

Erkenne die Notwendigkeit zu Veränderungen;

-         bemerke den Fehler

-         hab den Willen zur Veränderung

-         sei bereit zur Mitarbeit.

Ein interessantes Thema. Es hat mich dazu gebracht, mein erstes Buch zu schreiben und zu malen, ein, wie man heute sagt, 'Workbook' mit Anweisungskarten für Kinder, genannt ‚Zungenkämpfer’ mit dem ich versuche, den Patienten das Gefühl zu geben, sie seien Sportler in einem Wettkampf – das soll hier aber nicht unser Thema sein.

Für uns stellt sich die Frage nach dem besten Start. Erzähle ich einem Patienten, dass er mit den Zähnen knirscht, so werde ich in 99% der Fälle einen mitleidigen Blick ernten. Sie bemerken das nicht! Das System hat mit der Zeit tausendfache Warnsignale über das Feed-back erhalten. Das Unterbewusstsein hat daraufhin in einer Art Überlauf-Reaktion schliesslich alle Signale übergangen. Danach hat das System die Sensibilitätsschwelle angehoben. Funktionalität ist nun nicht mehr garantiert, Sensibilität schützt die Komponenten nicht länger: Hypo-Sensibilität.

Aus diesem Grunde ist es eine fundamentale Aufgabe, als ersten Schritt das Fühlen zu befunden und zu re-etablieren, die Sensibilität.
Das ist der erste Schritt sowohl in der Diagnose, als auch in der Therapie.
Wenn das System lernt, wiedererlernt das Ablaufen einer Aktion zu registrieren, sowohl innerhalb, als auch was den Effekt angeht, so ist die Basis dafür geschaffen, die ‚richtige Grösse des Mosaiksteinchens für ein funktionierendes Pusselbild innerhalb seines Grünen Rahmens der physiologischen Funktion zu arrangieren’.

Wir können dann der Reihe nach mit den weiteren Qualitäten fortfahren, die entweder in den Rahmen passen, oder nicht. Im Bildvergleich kann man die Sieben Qualitäten als eine Kette ansehen. Eine Kette ist beschädigt, wenn möglicherweise nur eines der Glieder gebrochen ist. Was wir nun tun müssen ist, jedes einzelne Glied testen, um den Fehler zu lokalisieren.

Beim nächsten Glied (Qualität) der Kette, sollen wir jetzt dem Patienten ermöglichen nicht nur zu fühlen, ob, sondern auch ‚wo’. Mit unserem Beispiel vom Knirscher: „Ist mein Mund fest geschlossen oder locker hängend?“ Das bedeutet:
Orientierung, zu wissen, in welcher Position sich das System lokalisiert.
Der Leser wird bemerkt haben, dass unsere Kriterien nicht nur für die orofaciale Region zutreffen, sondern tatsächlich für jedwedes neuromuskuläre System im ganzen Körper. Nehmen wir als Beispiel die Zwischenwirbelscheiben-Erkrankungen. Versuchen Sie, dem Patienten klar zu machen, dass er andauernd in einer verkehrten Haltung geht, sitzt, schläft, was asymmetrische Muskelverkrampfungen triggert und so eine skelettale Distorsion  verursacht, die die Bandscheiben ungleichmässig komprimiert. Oder, nehmen wir die gewohnheitsmässig leicht angehobene Haltung des Armes, die zu einer sehr sportlichen Erkrankung führt, dem Tennisarm. Der Übeltäter bemerkt selbst diese falsche Position gar nicht, er merkt nicht einmal irgendeine Position! (Es sei denn, er lenkt seine ganze Aufmerksamkeit auf den bestimmten Körperteil.)

Es wird also unsere nächste Aufgabe sein, dem Patienten ein Gefühl dafür zu vermitteln, in welcher Stellung sich der entsprechende Körperteil gerade befindet, oder, genauer gesagt, wenn sich etwas in einer falschen Position befindet. Was den Arm betrifft, dürfte das nicht so schwer sein. Es ist auch noch weniger schwierig bei den äusseren Gesichtsmuskeln. Aus diesem Grund arbeiten wir ja meist mit dem Handspiegel. Die optische Kontrolle. Mit der inneren Muskulatur wird es schon schwieriger, wie bei der stomatognathen/ orofacialen, die sich ja zumeist dem Einblick entzieht. Da wir nun aber wirklich Übungen für fast jeden Fall zur Verfügung haben, wollen wir annehmen, dass wir es ermöglichen, den speziellen Körperteil, an dem wir arbeiten zu spüren. Als Nächstes werden wir dann die Möglichkeit eröffnen, den Teil in Relation zur seiner Umgebung zu erspüren, ihn zu orientieren.
Da alle zuvor erwähnten Qualitäten eines physiologischen Prozesses (der Grüne Rahmen) eng miteinander verknüpft sind, kann man sie zwar sehr wohl getrennt diskutieren, aber keinesfalls getrennt behandeln. Sie sind wie bei einem Pusselbild miteinander verschränkt. In der Natur existiert keine Abgrenzung zwischen Sensibilität und Orientierung, das eine hängt vom anderen ab, ebenso wie unsere Übungen dafür. Es sei hier eingefügt, das die Reihenfolge in der Aufzählung der Qualitäten nicht willkürlich gewählt ist. Jede von ihnen funktioniert nicht ohne die in der Liste davor angegebene. Man kann beispielsweise eine Extremität nicht in eine angepasste Haltung bringen ohne sie zu fühlen. Und ohne Orientierung ist wiederum eine angemessene Mobilität nicht denkbar. Sie gehorcht den Gesetzen der Orientierung – wenn sie kann! Und das ist das Problem, mit dem unsere nächste Aufgaben beginnen. Zur Definition soll hier der Unterschied zwischen den beiden folgenden Begriffen erläutert werden. Mo’t’ilität – mit dem T in der Mitte unterscheidet sich, wie wir sehen werden ganz entschieden von der Mo’b’ilität mit dem B, womit die Fähigkeit des neuromuskulären Systems beschrieben wird, sich zu bewegen, innerhalb seiner physiologischen Grenzen. Sein Bewegungsvermögen. Wenn es die Grenzen seines ‚Grünen Rahmens’ nicht einhalten kann, wenn es hyper- oder hypo- funktioniert, so ist das ein Fall für uns. Möglicherweise ist die Bewegbarkeit eingeschränkt durch eine Gewebeblockade oder es ist im Gegenteil überstreckt. Beide Sachverhalte verlangen unsere Schulung, primär, um die Bewegung innerhalb der vorgeschriebenen Grenzen zu organisieren und in der Folge, um die Gewebekomponente zu reorganisieren. Das alles, um der Bewegung die richtige Form zu geben.
Als Nächstes ist dann ein korrekter Ablauf der Bewegung gefordert. Das bringt uns dann auf die bereits erwähnte Qualität der Mo’t’ilität, die Performance.
Wenn ein neuromuskuläres System bewegbar ist, mobil, schliesst das nicht per se ein, dass es sich überhaupt bewegt. Oder auch die Art der Bewegung, häufig oder wenig, flüssig oder ruckartig, kräftig oder schwach; das alles hängt hauptsächlich ab von der Steuersoftware (während es bei der Mobilität eher abhängig ist von der Konstruktion der Hardware).
Diese Tatsache bringt uns direkt zur nächsten Qualität in der Aufzählung, dem Tonus.
Tonus hängt hauptsächlich ab vom Muskeltonus, der seinerseits wiederum abhängt von der Tonizität des neuralen Systems.
Unter Stress neigen Muskeln zum Verkrampfen.
Wenn wir uns im Rahmen der Motilität beim Lernen stützen auf ein präzises, wiederholendes Üben einer grenzbereich-kontrollierten Muskelaktion mit adaequater  Ausführung (Frequenz und Fluss der Bewegung), so werden die therapeutischen Effekte auf die  Muskel-Nerv-Aktion letztlich auch die Zielrichtung auf die Tonizität, den Tonus der Bewegung haben, die grundlegende Kraft. Es handelt sich hier um einen mentalen Prozess der eng gekoppelt ist an Übungen mit der Ausführung streng kontrollierter Bewegungen während der Behandlung, wodurch ein nächster Effekt involviert wird,

die Koordination von Agonist und Antagonist während der Aktion.
Hierbei ist es wichtig, dass diese Bewegung äusserst bewusst ausgeführt wird. Natürlich kann man vom Patienten nicht verlangen, dass er von just dem Augenblick an, wo wir beginnen, ihn die korrekten Bewegungsabläufe zu lehren, wie beispielsweise das Schlucken, dass er dann für jetzt und immer diese Bewegung unter vollbewusster Kontrolle ausführen wird.
Man denke nur an den Zustand des entsprechenden Systems während der Schlafphase. Daher ist es unsere letzte aber nicht geringste Aufgabe, das Bewegungsschema  mit der ganzen Liste der aufgezählten Qualitäten in sein Unterbewusstsein zu verankern. Meiner Meinung nach der schwierigste Teil des Spiels.

Aus diesem Blickwinkel können wir feststellen, dass in der Reihenfolge der Qualitäten, wie wir sie aneinandergereiht haben die nächste einen immer höheren Schwierigkeitsgrad verspricht. Darin liegt der Grund, warum ich nicht die „aus dem Bauch heraus“-Methode anwende. Für mich werden Schwierigkeiten besser beherrschbar, wenn man sie unter eine strikte Kontrolle bringt – durch ausreichende Planung des Vorgehens. In unserem Metier heisst Planung vor allem:
Was ist der Zweck. Wir können nicht von Anfang an annehmen, dass alle genannten Qualitäten des Physiologischen Rahmens gestört sind. Daher brauchen wir einen Screening Test um den Schadensumfang zu ermitteln, das, wie wir oben festgestellt haben, gebrochene Glied in der Kette.
Wie zu Beginn erwähnt, die Abfolge der Qualitäten passt nicht nur auf das Therapie-Management, sie gibt uns auch die Abfolge der Tests für die Untersuchung.
Und, wie auch schon öfter erwähnt, wir haben so viele Myofunktionelle Übungen zur Verfügung, dass es nicht schwer fällt, eine gut geeignete für jede zu testende Qualität zu finden, und, dass ich mit den "Diagnostischen Übungen" eine Methode, ein Schema entwickelt habe, das auf dieser Website über dieses Link: [DIAGNOSTIC EXERCISES/myonet] zugänglich ist.

Wenn man sich und den Patienten erfolgreich durch alle 29 Testübungen gearbeitet hat, so ergeben die Notizen ein recht akkurates Bild vom Zustand des untersuchten Systems, und wo es seine Schwachstellen hat. Und das wiederum ergibt einen verlässlichen Hinweis darauf, wie die Therapieplanung aussehen sollte.
Das nun bringt mich wiederum auf meine Bemerkung, dass ich nicht viel von berühmten Therapiemethoden nach Doktor XY halte. Wenn man ein orofaciales Problem auf die geschilderte Weise angeht, dann ergibt sich eine Methode, Ihre Methode, und die speziell für eben diesen Patienten massgeschneiderte. Die XY-Methode ist für den Therapeuten einfach zu verordnen, weil sie ein vereinfachtes Allroundprogramm bietet und die Verantwortung auf den XY delegiert. Sicher ist sie nicht. Sicher ist, die Therapie auf den Patienten masszuschneidern, aus einer Übungssammlung oder aus der von dieser Website.
Die Übungen auf dieser Website entstammen zum grössten Teil aus dem Buch:
Thiele,E.: Myofunktionelle Therapie, Katalog der Übungen zur neuromotorischen Funktionsregulation, Heidelberg 1997, ISBN 383040185X, Hüthig Buch Verlag, Band 3.
Hier liegt eine im Detail überarbeitete Version vor, die grösstenteils bebildert ist. Nach und nach werden diese Bilder auch als Animationen erscheinen (wie sie schon in den Diagnostischen Übungen und den Tonometerübungen vorliegen). Hierin liegt dann der folgende Vorteil: Man kann als Therapeut nicht jede nützliche Übung dadurch demonstrieren, dass man sie selbst in immer der genau korrekten Weise vormacht, ohne nachbarliche Muskelbewegungen. Das kann einem die Faustzkizze auf dem Bildschirm in dieser Sammlung abnehmen. Ausserdem lieben Kinder Bildschirmbilder.
Und zur individuellen Therapie muss der Behandler dann nur die Bilder auf einer Datei zusammenkopieren und auf eine Diskette brennen, um sie dem Patienten zum Üben mit nach Hause zu geben.

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