Start |
Inhalt |
MFT-Start |
zum Katalog |
MFT-EinführungI |
MFT |
Verzeichnis |
214 Übung |
SCHLUCKMECHANISMUS (biomech Reflexkette) |
Sammlung myofunktioneller Übungen |
Einsatz: |
zum Vergrössern Bild klicken |
Die im Absatz ‘Diskussion’ gegebene Darstellung des Schluckreflexes zerlegt die Reflexkette aus biomechanischer Sicht der Schrittfolge in ihre einzelnen Glieder. (Anatomie: Areal III, Seite 24f.f.) |
|
Inhalt: |
|
Kein direkter Übungsinhalt. Der übungsspezifische Bezug findet sich im Katalog unter dem Kapitel SCHLUCKREFLEX-ÜBUNGEN. |
|
Material: |
|
Übunsspezifisch |
|
Ablauf: |
|
Siehe 'Inhalt' |
- Step-by-step-Beschreibung: |
- Timing: |
Charakterisierung: |
Feedback, Reflexübung |
Beachtung: |
Siehe „Diskussion“. |
Diskussion: |
Der Schluckvorgang läuft in einem physiologischen Rahmen ab, das heisst, mit einer gewissen Bandbreite an Variationsmöglichkeiten, die zur Effektoptimierung über Rezeptoren in einer Feedback-Regulierung eingestellt werden. So gibt es auch Unterschiede im Ablauf des Schluckvorganges, wie beispielsweise Speichelschlucken, KONTINUIERLICHSCHLUCKEN (Trinken), BREISCHLUCKEN, KRÜMELSCHLUCKEN und Krampfschlucken. Die Beispiele sind hier in einer Reihenfolge steigender Intensität aufgeführt. Das Breischluckens ist wohl der Standardtyp und soll den folgenden Erläuterungen als Grundlage dienen. Als „Brei“ ist auch das Kaugut zu definieren, das nach dem Kauprozess durchgespeichelt und fertig zum Schlucken eingesammelt wird. Dem Kauprozess folgt der Schluckprozess. Dieser läuft nach dem unten beschriebenen Prinzip ab; einen gültigen Standardablauf gibt es nicht. Er ist von Organismus zu Organismus unterschiedlich. Ausserdem lassen sich bei jedem Individuum unterschiedliche Varianten feststellen. Entscheidend ist auch hier die Einhaltung eines physiologischen Rahmens, die Erzielung des optimalen Effektes bei optimaler Gewebebelastung; das ist das Prinzip. Die Feinsteuerung erfolgt rezeptorgesteuert im Feedbackverfahren. In der vom Funktionsrahmen zugelassenen Variationsbreite können beispielsweise folgende nach der Intensität der Aktion geordnet aufgeführte Schluckvorgänge unterschieden werden: Das (auch nächtliche) Speichelschlucken („Leerschlucken“), das KONTINUIERLICHSCHLUCKEN (FLÜSSIGSCHLUCKEN, Trinken), das BREISCHLUCKEN, das KRÜMELSCHLUCKEN und das Tablettenschlucken. Das Krampfschlucken bei Erschrecken oder der Einnahme bitterer Medizin dürfte bereits „aus dem Rahmen fallen". Die Beschreibung des Aufbaus der Reflexkette, des oben angesprochenen Prinzips, soll nun der naturgegebenen Reihe nach erfolgen, wobei zu berücksichtigen ist, dass einige Aktionen simultan oder sich überschneidend ablaufen. Beispiel für den Ablauf des Schluckreflexes: Als Beispiel soll das Breischlucken als Standard gelten, nicht, weil die heutige Ernährung in ihrer Konsistenz oft zu breiig ist, sondern weil jedes Schluckgut im Kauprozess so vorbereitet sein sollte, dass es in Korngrösse und Speicheldurchsetzung einen breiigen Bolus darstellt. Nach dem Kauprozess muss sodann das (1) Sammeln zu einem Bolus auf dem Zungenrücken durchgeführt werden. Hieran sind gemäss der schematischen Skizze (Areal I, Seite 10), die innere Muskelkugel und die äussere Hülle beteiligt. Diese müssen in gegenseitig aufeinander abgestimmtem Tonus arbeiten, um Schäden an den Geweben zu vermeiden. Solche Schäden in geringerem Umfang und mit guter Heiltendenz sind die Bissverletzungen an der Wangeninnenfläche oder am lateralen Zungerand (häufige Verletzung derselben Stelle könnte Probleme bereiten). Schwerwiegendere Folgen, die einer Therapie bedürfen sind die Verbiegung der Kieferbögen bzw. Verkippung der Zähne. Möglicherweise übernehmen Druckrezeptoren im Parodontalgewebe der Zähne und in der Oberfläche der anliegenden Schleimhautareale hier die Steuerung des Muskeltonus und seine Balancierung zum Innen-Aussen-Gleichgewicht. Bei der Aktion des Bolussammelns kommt dem beteiligten Gewebe die besondere anatomische Konstruktion zugute. In die Schleimhautoberfläche sowohl der Zunge als auch der Wangen und Lippen strahlen Muskelfasern direkt ein, so dass besonders auf der Zungenoberfläche quasi jeder Quadratmillimeter selbständig beweglich ist. Das erklärt einerseits den als physiologische Selbstreinigung des Mundes (und der Zahnzwischenräume) bekannten Effekt; andererseits wird deutlich, warum einzelne Zähne sich bewegen, kippen, drehen, „wandern"( wie fälschlich gesagt wird) können. Sie wandern nicht, sie „werden gewandert“, und dem kann nur durch geeignete MFT-Massnahmen und Übungen Einhalt geboten werden. Die Schleimhautoberfläche vermag solche Schäden in der Dysfunktion mit kleinsten muskulösen Ausstülpungen zu produzieren (siehe auch Detailfotos)(Anatomie seite 24). Verantwortlich hierfür ist ein Mechanismus, der physiologisch das Kaugut aus allen "Ecken", den trichterförmigen Einbuchtungen der Zahnzwischenräume, hervorholen soll, so dass bekanntlich nicht einmal ein Herumwischen der Zunge nach dem Schlucken zum Aufräumen notwendig ist. Dieses Sammeln übernimmt im Innenraum (cavum) der Zungenrand, wobei durch den Papillenbesatz der Zungenoberfläche die Reinigungswirkung noch erhöht wird. Es ist dabei eine mehr theoretische Frage, ob die Papillen eigentlich zur Aufnahme der gustatorischen Sensoren dienen und nebenbei einen Reinigungseffekt bewirken, oder ob die Oberflächenmorphologie vorrangig biomechanischen Zwecken dient und wegen der günstigen Beschaffenheit spezielle gustatorische Rezeptoren erhalten hat (siehe auch Punkt 11). (2) Der Aussenraum (vestibulum) zwischen Zahnreihen und Wangeninnenwand wird von der Muskelkette des "Gürtels" (Anatomie: Areal I, Seite 11) ringsherum durch Tonuserhöhung vollständig kollabiert, für den Frontbereich ist diese Vestibulumkompression als ZIP bekannt. Hierbei wird (3) der Lippenspalt als primärer Teilschritt geschlossen. Dies ist als Feedback-Reiz von Bedeutung, da bei normalem Ablauf Lippenkontakt vom Rezeptor gemeldet werden muss. Dieser Reiz kann durch den Kontakt Zunge-Lippe umgangen werden, ein MFT-Fall, der zu Schäden führt. Sind anatomische Mängel vorhanden, so wird diese Methode zum Ersatzreflex, der (wie alle Ersatzreflexe) prognostisch ungünstig ist. Der inkompetente Lippenschluss führt bekanntlich zum grimassierenden Schlucken mit Verkrampfen der orofacialen Muskulatur. Hierbei sind besonders der Mentalis, dessen Hyperaktivität erhebliche Schäden verursachen kann, wie auch die Region um den Modiolus zu erwähnen, die Radspeichennabe, Kreuzungspunkt und Insertion mehrerer Muskelzüge (Anatomie: Areal I, Seite 11, Abb.17), deren verstärkte Kontraktion als Grübchen bekannt ist. (4) Währenddessen hat sich auf der Zungenoberfläche im ersten Drittel das NÄPFCHEN gebildet. Bevor diese centgrosse Einsenkung oder Eindellung bekannt war, verglich man den Mechanismus des Bolustransportes mit dem "Ausquetschen einer Tube". Dieses Bewegungsmuster existiert tatsächlich. Nur muss man darin wohl eher einen Ersatzreflex sehen, der bei Ausfall des NÄPFCHENS zwar lebenserhaltende Funktion hat, jedoch ein Bewegungsmuster mit geringerer Effizienz und erheblich grösserem Kraftaufwand darstellt. Auf Dauer entstehen Gewebeschäden, ein MFT-Fall liegt vor. Ist dann der Bolus postiert, wird (5) die Zungenspitze am PUNKT fixiert. Dieser Augenblick wird mit der Übung KNÖPFCHENDRÜCKEN trainiert. Dies wird gemeinhin als der Moment betrachtet, in dem der unwillkürliche, bedingt willentlich abzustoppende Teil des Schluckreflexes einsetzt. Die Aktion erfolgt nicht - wie die Beschreibung vermuten lässt - einige Zeit vor dem, sondern annähernd simultan zum ZIP und präzise auf dem PUNKT. Alles, was (räumlich, aber auch zeitlich) davor oder dahinter bzw. danach abläuft, wird zum MFT-Fall. Von diesem Augenblick an wird ein (6) Raupenmechanismus in Gang gesetzt, mit dem das NÄPFCHEN, die Eindellung, mitsamt seinem Inhalt, dem Bolus retral verlagert wird. Findet diese Wellenbewegung (ob NÄPFCHEN oder Ersatz-Tubenquetschen) nicht statt, so wird die "Hühnermethode" als Ersatzreflex durchgeführt - ein sehr kümmerlicher und funktionell unbefriedigender Ersatz, mit dem der Organismus aber überleben kann (siehe Huhn). Er befördert nur den Grossteil der Nahrung schlundwärts, indem die Zunge etwa hinter dem ersten Drittel abknickt und es der Schwerkraft oder einem Spülschluck überlässt, das Material zu verfrachten. Simultan zu dem physiologischen „Raupenmechanismus“ läuft auf der Zungenoberfläche derweil ein mikrobiomechanischer Vorgang ab, der den besonders gründlichen Transporteffekt garantiert. (7) Die Zungenoberfläche vermag nach in der Fachliteratur vorgestellten rechnergesteuerten Auswertungen eine Bewegung auszuführen, die der des Nähmaschinenfusses ähnelt: Hochdrücken und Retralschub, Nachlassen und Bewegungsumkehr und so fortlaufend. Hierbei ist dem Mechanismus wiederum die papillöse Zungenoberfläche sehr nützlich. (8) Während nun der retralste Zungenanteil Rachen und Mundhöhle gegeneinander abschliesst und das Gaumensegel sich zum Abdichten gegen die oberen Luftwege hebt, setzt die Peristaltik im Schlund ein. Sie übernimmt den Bolus zum Weitertransport und liefert das Stichwort für einen weiteren Simultanvorgang während des Retraltransportes. (9) Letzterer wird durch die Tatsache verständlich, dass entwicklungsgeschichtlich der Materietransport durch den Muskelschlauch des Wurmes führte: Die Peristaltikwelle setzte am äussersten Schnürmuskel ein. Diesen Effekt kann man an der Reflexkette des Schluckens nachvollziehen. So lässt sich der Reflex - fügt man weitere Detailschritte hinzu - besser verstehen. (10) Dieser archaische Prozess erklärt zum Beispiel auch das Aufeinandersetzen der Backenzähne zum Schlucken. Es ist durchaus physiologisch, erfahrungsgemäss aber nicht unbedingt erforderlich (oftmals gar schädlich), um eine effiziente Schluckaktion durchzuführen, zumal dieses Aufeinandersetzen willkürlich durch ein Abstützen des Unterkiefers mit der Zunge am Gaumen ersetzt werden kann. Das geschieht beim KONTINUIERLICH-TRINKEN und ist auch als therapeutische Massnahme wichtig bei tonussenkenden Massnahmen für hyperaktive Adduktoren. (11) Im Zusammenhang mit dem Peristaltikaspekt wird ein aufmerksamer Diagnostiker feststellen, dass die Muskelwelle sich nicht nur auf der Zunge retral bewegt, sondern auch von den Lippen retral durch den "Gürtel"(Areal I, Seite 11, Abb.18) läuft, über den Orbicularis - Risorius - Buccinator (der bekanntlich direkte Faserzugverbindungen mit der Rachenmuskulatur aufweist) und simultan auch im Mundboden. Die Peristaltikwelle ist gleichzeitig so ausgelegt (wie zuvor beschrieben), dass durch feinmotorische, lokale Muskelaktionen im Sinne der physiologischen Mundreinigung die Trichter zu den Zahnzwischenräumen geleert werden (siehe oben). Der Effekt ist erfahrungsgemäss vestibulär durch die Wangenschleimhaut nicht so effektiv wie auf der dem Mundinnenraum zugewandten Seite des Zahnbogens. Auf der Innenseite tragen die Papillen der Zungenoberfläche beträchtlich zur besseren Reinigung bei. Minimale Ausstülpungen der Organoberfläche werden neuromuskulär gesteuert in diese Trichter gedrängt. Da die Welle dabei naturgemäss distalwärts verläuft, üben die Ausstülpungen in den Trichtern eine mesialweisende reziproke Kraft auf die Zähne aus. Dies ist eine biomechanisch nachvollziehbarere Erklärung für die Mesial-„wanderungs“-tendenz der Seitenzähne. Nicht selten ist daher auch zu beobachten, dass Lücken zwischen den Zähnen „mitwandern“. Entsprechend der analytischen Aufgliederung des Schluckreflexes lassen sich analog die dazugehörigen Therapiemassnahmen aufzählen. Dies geschieht im Katalog unter dem Begriff SCHLUCKREFLEX-ÜBUNGEN (allgemein). |
Anleitung: |
für den Patienten zur Durchführung der Übung wird im entsprechenden Kapitel gegeben. |