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PHILOSOPHIE

MFT-EinführungI

ÜBERSICHT

MFT

ÜBUNGEN

Verzeichnis

238
   
Allgemeines Kapitel

HALTEÜBUNGEN

Sammlung myofunktioneller Übungen

Einsatz:

Keine Illustration

Bei diesem Kapitel handelt es sich um die generelle Beschreibung einer Gesamtgruppe von Übungen und die Details, die die hier beschriebene Übung  Gemeinsamkeit haben.

Der Begriff ‚Halte’-Übung will darauf hinweisen, dass eine bestimmte Position bewusst eingenommen und bewusst, kontrolliert über einen bestimmten, meist längeren Zeitraum unverändert beibehalten werden soll.

Die Übungen werden generell eingesetzt, um die Ausdauer der Zielmuskulatur zu stärken. In der MFT finden sie Verwendung, um die Bereitschaftshaltung im Zielgebiet zu trainieren. Daher werden sie auch verstärkt im Gesamttrainingsplan in der späten Phase der Habitualisierung eingesetzt. Eine der bekanntesten Übungen dieser Gruppe ist wohl die PUNKT-HALTUNG  für die Zungenspitze.

Inhalt:

Es handelt sich hier durchweg um isometrische und isodynamische Übungen, die vielfach mit einem Feedback-Reiz als AUFMERKER gekoppelt werden.

Material:

Materialien und Methoden dienen der Kontrolle einer korrekten Ausführung.

Für den oben erwähnten Feedback-Reiz werden zur sensorischen Selbstüberwachung übungsspezifisch AUFMERKER eingesetzt. Teilweise geschieht das in der Anfangsphase der entsprechenden Übung; in einer späteren Phase wird dann umgestellt auf den physiologischen Feedback- Reiz, der durch die vorhandenen Regelkreis-Sensoren wie beispielsweise den Oberflächenkontakt bei der oben erwähnten PUNKT-HALTUNG  für die Zungenspitze entsteht (siehe auch Anmerkungen im Absatz „Diskussion“).

Ablauf:

- Vorübung: Praktisch benötigt jede HALTEÜBUNG eine spezielle Vorübung. Diese soll natürlich die geweblichen Bedingungen schaffen, um die bestimmte Position einnehmen zu können, weiterhin dann aber auch dem Patienten präzise demonstrieren, welche Haltung von ihm erwartet wird. Für das hier gewählte Beispiel ZUNGENSPITZEN-ORIENTIEREN würde dazu die Übung PUNKTZEIGEN angesetzt werden.

- Ausgangshaltung: Hier können Teile oder das Gesamtkonzept der GRUNDHALTUNG vorgeschrieben werden, um das muskuläre Umfeld einzustimmen. Generell wird die erstrebte Haltung sowohl Ausgangs- als auch Übungs- und Zielhaltung sein.

- Step-by-step-Beschreibung:

-1 Der Patient wird genau eingewiesen. Die einzunehmende Haltung muss in den meisten Fällen

  bezüglich der Raumorientierung und des Haltetonus sehr präzise sein. Anlässlich der gemeinsamen

  Trainingssitzungen Patient/Therapeut wird dies akribisch kontrolliert, um den Patienten für das häusliche oder Untertags-Üben die unverzichtbare Exaktheit zu vermitteln (siehe „Diskussion“).

-2 In einer frühen Phase des Übens wird nun der Patient die vorgeschriebene, eingenommene Stellung, eventuell unter Handspiegelkontrolle, halten während er bis zu einer gegebenen Zahl, meist im Übungsverlauf steigernd mitzählen.

-3 Das häusliche Üben wird genau durchgesprochen. AUFMERKER in Form von selbstgefertigten Zeichen und vorgegebenen Piktogrammen werden verabredet und eine fortlaufende Kontrolle angekündigt, in unserem Beispiel das PUNKTHALTEN.

- Timing: Zum generellen Timing im Gesamtübungsplan siehe auch Anmerkungen zur Übungsabfolge (Material);

  bezüglich des Einsatzes der Übungen in der Sitzung, daheim und untertags vergleiche Absatz „Diskussion“.

  Hinsichtlich des speziellen Timings bei der Bemessung der Sequenz und Anordnung in der Serie wurde oben schon angedeutet, dass die Sequenzlänge durch Auszählen bestimmt wird – anfangs kurze Intervalle, dann steigernd, etwa vom Zählen bis fünfzig über die Kontrolle mit der Uhr nach fünf, zehn, fünfzehn, dreissig Minuten (siehe Anmerkungen unter „Diskussion“).

Charakterisierung:

(Sensibilisierung), Orientierung, Motivation zur Selbstüberwachung, Taktilästhetik, Myobalance, Feedback, Bereitschaftshaltung, Statik, meist feinmotorisch, jedoch variabel, gegebenenfalls modusspezifisch Tonussteigerung oder Relaxierung, (Manipulation).

Beachtung:

Im Text wird wiederholt darauf hingewiesen, dass die mit den HALTEÜBUNGEN trainierten Positionen meist von grundlegender Bedeutung für die Physiologie des trainierten Gebietes sind und mit grösster Präzision ausgeführt und überwacht werden müssen.

Diskussion:

Wie unter „Material“ bereits angesprochen, sollte die Fortentwicklung im Trainingsverlauf vom Materialeinsatz weg und hin zu physiologischen, funktionellen Bedingungen führen. Diese Entwicklung kann auch in der Trainingsplanung durch die Aufeinanderfolge entsprechend aufeinander abgestimmter Übungen vollzogen werden, zum Beispiel im Rahmen einer STEIGERUNGSÜBUNG wie etwa RINGVERSCHLIESSEN > PUNKT-HALTUNG > ,L’-HALTUNG. Was die Präzision der Übungsdurchführung betrifft, so kann der Therapeut in den gemeinsamen Trainingssitzungen nicht akribisch genug sein. Der Patient muss verstehen, dass minimale Abweichungen von der vorgeschriebenen Haltung Misserfolg bedeuten und die Übung in einem solchen Fall besser nicht ausgeführt worden wäre, da nun gewissermassen ein Fehler willkürlich erzeugt worden ist. HALTEÜBUNGEN und die entsprechende Bereitschaftshaltung wirken auf die beteiligten Gewebe über einen langen Zeitraum und haben so sehr grossen Einfluss auf die Physiologie oder besser die Pathologie.

Die HALTEÜBUNG wird nicht nur in der Sitzung trainiert und daheim geübt. Sie soll schliesslich im weiteren Verlauf –immer häufiger tagsüber ausgeführt – späterhin die ‘normale’ physiologische Haltung verkörpern.
Die Länge der Übungssequenz der hier einheitlichen Übungsphase muss zügig ausgedehnt werden, wie bereits angedeutet von anfänglichem Mitzählen bis  zehn, zwanzig, fünfzig, dann über Minuten, eine, fünf, zehn bis in den Stundenbereich. Die Übungshaltung soll Körperhaltung werden! Geeigneterweise berät man den Patienten hinsichtlich der Platzierung der Übungseinheiten im Tagesablauf, wie etwa ‘bei den Schularbeiten’ oder ‘beim Fernsehen’, ‘beim Zeitunglesen’ oder ähnlich.  Ausserdem werden als Hilfen die oben beschriebenen AUFMERKER  und deren Einsatz besprochen.

 

Eine HALTEÜBUNG ist eine ständig aktuelle Aufgabe für den MFT-Trainings-Gesamtablauf. Sie bedarf der ständigen Nachkontrolle, Korrektur, Fortentwicklung, Ermahnung und motivatorischen Hilfestellung. Zur Steigerung der Übungsanforderungen können die verwendeten AUFMERKER ein Eigengewicht erhalten.

Das Training für die ,M’-HALTUNG, der zwanglose Lippenschluss, wird beispielsweise mit der Übung PLÄTTCHENHALTEN durchgeführt. Das Plättchen, ein dünnes, leichtes Plastikplättchen, dient dabei mehr als AUFMERKER denn als Trainingsgerät, “man bemerkt sofort, wenn es herabfällt“.

Um mangelhaften Lippenschluss im Anschluss daran auf zu trainieren, kann ein Jig (Holzspatel, Zungenspatel, „Eis-am-Stiel-Löffel“) verwendet werden, der durch sein Eigengewicht eine Tonusverstärkung fördert.

Zur weiteren Steigerung der Übungsintensität kann eine WECHSELÜBUNG angesetzt werden, die einen antagonistischen Muskel aktiviert, oder es kann dieser Muskel während der laufenden aktuellen Übung zusätzlich mit angespannt werden. In unserem Beispiel wäre das bei der HALTE-UND-ZIEH-ÜBUNG der Fall.

Die HALTEÜBUNG sind vielfältig anwendbar, da sie nicht nur geeignet sind, die physiologische ‘Normal’-Haltung im Zielgebiet einzugewöhnen, sondern auch und gleichzeitig eine zu schwache Muskulatur im Tonus aufzutrainieren, eine zu stark agierende zu dämpfen sowie Hyperkinesien und Hypermotilitäten entgegenzuwirken (siehe ENTSPANNUNGSÜBUNGEN). Simultan wird auf sensorischer Ebene Orientierung und Sensibilisierung erzielt. 

Werden die Übungen betont zur Kräftigung eingesetzt, kommen die zuvor unter dem Gesichtspunkt ‘zur Steigerung’ beschriebenen Modi zur Anwendung. Dies ist vor allem erforderlich, wenn das betroffene muskuläre Gebiet seine Beweglichkeit im physiologischen Rahmen erlangen soll, wird jedoch auch notwendig, wenn der Bereitschaftstonus nicht erreicht wird.

Zur erwähnten Dämpfung reicht allein der Effekt der Habitualisierung unter normalen Trainingsbedingungen aus, der auch die adäquate Verankerung im Unterbewusstsein erfolgen lässt. Neben den hierzu beschriebenen AUFMERKERN können auch zusätzliche Massnahmen wie beispielsweise der STUNDENPLAN oder MENTALES TRAINING eingesetzt werden. Während der Dämpfungseffekt durch den Ansatz langer Trainingsphasen erreicht wird, erfolgt die Kräftigung über übliche kurze Sequenzen je Sitzung mit dem zu steigernden Auszählen.

Hier sei daran erinnert, dass viele Übungen in den beiden verschiedenen Modi statisch und kinetisch ausführbar sind, also unter den speziellen Ausführungsbedingungen mit zu den hier diskutierten gerechnet werden können.

Die nachfolgende Liste der Übungen gibt eine Auswahl wieder. Eine vollständige Auflistung wäre zu umfangreich und unübersichtlich.

Um einen Überblick hinsichtlich des Inhaltes der aufgezählten Übungen zu ermöglichen, sind den Namen Kürzeln mit folgender Bedeutung nachgestellt:

K =     Konzipiert als Halteübung. Diese Übungen sind

            nach Ursprung und Ausführung Halteübungen.

M =     Modus als Halteübung. Für diese Übungen

            existieren verschiedene               

            Ausführungsmöglichkeiten, deren eine 

           als Halteübung vorliegt.

Mb =   Kann als Haltemodus betont werden,

Me =   Hat einen eigenständigen Haltemodus.

 

Zur groben Beschreibung des Zielgebietes der einzelnen Übung:

 

N – für die Muskulatur der Nachbarregionen des

       Orofacialbereiches, vornehmlich Kopf und Hals,

O – für die Orbicularisregion samt einstrahlender

       Radiärmuskelzüge (Perioralmuskulatur),

W – für die Wangenregion,

R -  für den Rachenraum,

S -  für die Muskulatur des eigentlichen

       stomatognathen Systems (Kaumuskulatur),

Z – für die Zunge, unterteilt in ihre Drittel Z1, Z2, Z3

                               LISTE DER ÜBUNGEN

                        (in alphabetischer Reihenfolge –mit Kurzbeschreibung)

AUF UND ZU                        Mb       S              Adduktorkräftigung

AUFZUG                                Mb       Z3            Gaumenwärtsvertierung

BALLON                                K          O, W, R,  Tonussteigerung,

BREITES GRINSEN              K         W            Buccinator

DREIRINGÜBUNG                Mb      Z              Gaumenwärtsvertierung

FAHRERSITZ                         K        Z1            Motivatorisch

FETTE ZUNGE – MAGERE ZUNGE

Schmalstellung                         Mb     Z             

FLAKEQUETSCHEN             K       Z3             Gaumenwärtsvertierung

FLUNSCH                               Me    O

Orbicularis

HALSSEITENDEHNEN         K        N

Kopfhaltung

HALTE-U-ZIEH-ÜBUNG      Mb     Z1

Mundboden, Zungenband

HÖLZCHENHALTEN            K        O, Z, Z1, S Ruheschwebelage

HUNDEKNURREN                Ne      O             Oberlippenheber

KATZBUCKEL                       Me      Z             Schlagwort

KIRSCHMUND                       Me      O            Zentraler Anteil

,L’-HALTUNG                         K        Z, (Z1)

,L-M’-HALTUNG                    K        Z, O, S (Ruheschwebelage)

,M’-HALTUNG                        K        O, S (Ruheschwebelage)       

MASSETERÜBUNG               K        S        Adduktorenkräftigung

MAULSPERREN                     K        S        Mundöffnung, Mobilität

NACKENDEHNEN                 K        N       Streckübung

NÄPFCHEN                             Mb      Z1

Mobilität der Zungenoberfläche

NASERÜMPFEN                     Me      O        Nasenöffnung

,O’-ÜBUNG                              Me      O       

Zentrale Anteile

OBERLIPPENSTRECKEN (AKTIV)

Gewebestrecken                         K         O   

PLÄTTCHENHALTEN            K         O        Mundspaltschluss

POSAUNEBLASEN                 Mb       W       Buccinator

PUNKTHALTEN                      Mb       Z1

PUNKTHALTUNG                   Me       Z1

RINGVERSCHLIESSEN          K          Z1       Manipuliert

RÖLLCHEN                               Me       Z         Transversalmuskulatur

RÜSSELÜBUNG                       Me       O

RUHEHALTUNG                      K         O,S      Nachthabitualisierung,

SCHIEFES GRINSEN               Mb       O (Zygomatikus)

SCHMALE ZUNGE                  K                     Transversalmuskulatur

SCHNALZER GEFROREN      Me        Z  Gaumenwärtsvertieren

SCHNÜRSACK                        Mb        O 

Periphere Anteile

,SCHUBLADE-REIN’              K           S     

Unterkieferbereitschaftshaltung

SITZHALTUNG                       K          N   Oberkörperhaltung

SPITZENDRUCK                     Me        Z

STROHHALTEN                      K          O   Spielübung

WANGENBEULE                     Mb       Z   Sagittalmuskulatur, einseitig

WASSERHALTEN                   Me       Z1

ZUNGENSTÜTZE                    Mb      Z, S

ZWEIRINGÜBUNG                  Me      Z1/ 2

ZYNISCH LÄCHELN               Me       O   Lateralaufwärtszug, Mundwinkel

Anleitung:

Die Übungsanleitungen sind spezifisch und der jeweiligen Beschreibung zu entnehmen.