MYONET 

Start

MYONET 

Inhalt

START 

MFT-Start

EINLEITUNG

zum Katalog

PHILOSOPHIE

MFT-EinführungI

ÜBERSICHT

MFT

ÜBUNGEN

Verzeichnis

241
   
Allgemeines Kapitel

HYPERMOTILITÄTSÜBUNGEN

Sammlung myofunktioneller Übungen

Einsatz:

Keine Illustration

Bei diesem Kapitel handelt es sich um die generelle Beschreibung einer Gesamtgruppe von Übungen und die Details, die die hier beschriebene Übung Gemeinsamkeit haben.
Übungen dieser Art dienen der Sedierung. Diagnostisch sollte möglichst präzise die im übersteigerten Bewegungsdrang aktive Muskelgruppe oder die hyperkinetische Muskelaktion definiert werden, um für das hyperaktive neuromuskuläre Teilsystem ein ‘massgeschneidertes‘ Trainingskonzept zu entwickeln.
Dieses Konzept soll so ausgelegt sein, dass es die dominierende neurale Komponente dieser neuromuskulären Störung berücksichtigt und die Steueraktivitäten auf das physiologische Mass herabregelt, um durch die Hyperaktivitäten bedingte Sekundärschäden an allen Geweben im Zielgebiet zu vermeiden oder deren Restitution zu ermöglichen so wie die funktionelle Effizienz der Muskelaktionen zu verbessern.
Man könnte annehmen, dass eine Hyperfunktion durch die erhöhte Leistung, die das Teilsystem erbringt bessere funktionelle Resultate zeitigt, wenn sie sonst im physiologischen Rahmen abläuft, was aber durchaus nicht der Fall ist. Das trifft selbstverständlich besonders für Hyperaktivitäten in der Dysfunktion zu. (Selbstverständlich gibt es auch eine Hyperaktivität in der Eufunktion, wenn im physiologischen Rahmen vermehrte Leistung vom System gefordert wird – für begrenzte Zeit.
Die beiden Störungsvarianten, Dys- oder Parafunktion einerseits und Eufunktion andererseits, beide in Hyperaktivität, lassen sich schematisch in mehr statische und mehr kinetische Störungen aufgliedern. Zwar gehören dem Wortsinn nach die übersteigerten statischen Muskelaktionen in der Bereitschaftshaltung eines Organteiles nicht in diese Gruppe. Wollte man sie jedoch gesondert betrachten, so müsste man eine Gruppe ‘Hyperstatik’ definieren. Eine zu differenzierte Aufgliederung ist der Übersichtlichkeit nicht förderlich, ausserdem ist eine Hyperfunktion in der Statik, der Bereitschaftshaltung, selten rein statisch. Hierzu als Beispiel der Syndromkomplex der spastischen Erkrankungen, die oft durch Schütteln, Zucken und Fibrillieren durchaus kein statisches Bild vermitteln.
Wie schon an anderer Stelle beschrieben, steht die Muskulatur in einer funktionellen Bewegung wie auch in einer funktionellen Haltung unter einem Arbeitstonus; sie ist in beiden Fällen dynamisch (statodynamisch und motodynamisch). Es könnte also hier der Begriff Hyperdynamik geprägt werden. Aus therapeutischer Sicht, wie folgend noch beschrieben, befindet sich das neuromuskuläre System des jeweiligen Zielgebietes in einer Hyperfunktion. Es muss sediert werden. Dies wird erreicht, indem der Patient darauf geschult wird, so oft wie möglich durch Einnehmen und Halten der Bereitschaftshaltung eine Ruhigstellung vorzunehmen.
Folglich werden sowohl Hypermotilitäten als auch Hypertonus in statischer Haltung mittels dieser hier diskutierten Übungen ausgeglichen und unter diesem Begriff abgehandelt. Die nicht ganz schemakonformen Haltungsfehler finden ausserdem im Kapitel HALTUNGSÜBUNGEN.

Inhalt:

Inhaltlich visiert diese Gruppe von Übungen drei Ziele an. Der Patient wird zu Beginn dazu zu motiviert, den gegenwärtigen Zustand zu ändern. Die erforderlichen Muskelaktionen werden in den physiologischen Rahmen transformiert. Die im Training geübte Aktion wird habitualisiert.

Material:

Gemäss der Vorgabe, dass vornehmlich die Steuerung zu beeinflussen ist, muss alles hierzu verfügbare Material eingesetzt werden, wie es in den folgend aufgeführten Kapiteln beschrieben ist:

AUFMERKER                                     

ENTSPANNUNGSÜBUNGEN           

ESELSBRÜCKEN                             

FEEDBACK-ÜBUNGEN                     

GRUNDHALTUNG                             

HABITUALISIERUNGSÜBUNGEN     

HALTUNGSÜBUNGEN                      

MANIPULLATIONSÜBUNGEN           

,M'-HALTUNG

MEMOS

MENTALES TRAINING

MOTIVATIONSÜBUNGEN

NACHTKARTE

PLUSMINUS

RUHEHALTUNG

STUNDENPLAN

Ablauf:

- Vorübungen und

- Ausgangshaltung sind übungsspezifisch. Die

- Step-by-step-Beschreibung zeigt ein schrittweises Vorgehen in den folgenden sechs Phasen:

-1 Instruktive Phase

  Der Therapeut verdeutlicht die bei der Befunderhebung ermittelten Symptome, vorliegende funktionelle Störungen und Schäden an den Geweben. Im Rückschluss aus deren Zustandekommen erklärt er dem Patienten den Ablauf seiner Fehlfunktion, er führt ihm diese bildlich vor Augen. Sodann wird geschildert, wie die Muskelaktion physiologisch ablaufen sollte, also das Ziel des Trainings.

-2 Motivative Phase

  Aus Schritt 1, der Schilderung des weiteren Verlaufs ohne Therapie, den zu erwartenden Verbesserungen und den bevorstehenden Aufgaben muss sich für den Patienten eine ausreichende Startmotivation, der Wille, seinen Fehler zu erkennen und dazu der Wunsch, diesen abzustellen, ergeben.

-3 Kognitive Phase

  Mit allen erdenklichen Hilfen ausgerüstet muss der Patient in die Lage versetzt werden, sich im Augenblick der Fehlfunktion dieser bewusst zu werden. Diese Phase ist hier als Schritt 3 beschrieben,

  setzt jedoch praktisch mit Schritt 1 ein und zieht sich bis zum Schluss der Behandlung hin oder noch darüber hinaus. Es gilt nämlich, dem Patienten zu verdeutlichen, dass er in bestimmten Situationen zum Rückfall in den aktuellen oder ähnliche Fehler neigt. Das bedingt, dass er das Erkennen von Dysfunktionen nie als nicht mehr weiterhin erforderlich ansehen darf. Nimmt er einen Ansatz zum Fehlverhalten wahr, muss er umgehend auf das eingeübte Verhalten ausweichen. Dies wird trainiert in der

-4 Motorischen Phase

  Hier wird zunächst ein Trainingsprogramm aufgestellt, mit dem einzelne Muskel-(teil)aktionen in ihren physiologischen Rahmen gebracht werden.

-5 Koordinative Phase

  Nun wird die neurale Komponente, das Steuersystem, miteinbezogen. Die einzelnen korrigierten Muskelaktionen werden zur angestrebten Gesamtaktion, der physiologischen Funktion, koordiniert.

  Hierbei kann es sich um eine definierte Haltung (statisch) oder um einen funktionellen Reflexablauf

  (kinetisch) handeln.

-6 Habitualisierungsphase

  Die antrainierte Eufunktion muss nun im Unterbewusstsein verankert werden. Diese Phase ist betont mental ausgerichtet. Zunächst wird zumeist das Verhalten am Tage kontrolliert, später auch die Schlafphase miteinbezogen, wobei die oben angesprochenen mentalen Hilfen eingesetzt werden.

- Timing: Der generelle Ablauf des Trainings ergibt sich aus den obigen sechs Phasen. Ein spezielles Timing erfordert das motorische Training; es ist unter den jeweils anzusetzenden Übungen beschrieben. Weiterhin ist ein spezielles Timing in der Habitualisierungsphase (6) erforderlich, das durch die vorgeschriebenen Stundenpläne, Zeitkarten und ähnliches gegeben ist.

Charakterisierung:

Eine kurzgefasste Definition ist nur schwer möglich, da die gestellten Aufgaben den grössten Teil der Begriffe  einbeziehen (Schematische Ordnung der Begriffe zur Charakterisierung der MFT-Übungen in myonetbucheinführung.doc, hier besonders das ‚Jigsawpuzzle).

Beachtung:

Auch hier wieder ist der schwierigen mentalen Komponente besondere Beachtung zu schenken.

Diskussion:

In der obigen Beschreibung wurde bereits die jeweilige Problematik diskutiert. Einige spezielle Anmerkungen sollen das Vorgehen konkretisieren.
Eine wichtige Rolle beim Training spielt die eutonisierte Haltung im Bereitschaftstonus im orofacialen System, die ‚Standby Haltung’. Sie wirkt der Hypermotilität entgegen und dient der Sedierung im Zielgebiet.
Zunächst wird diese Haltung manipuliert eingenommen, mit Hilfe eines Gummiringes (vornehmlich für das ‚Innen’) oder des Plättchens (für das Aussen), (,L-M_HALTUNG). Diese Hilfen werden später abgebaut und durch bestimmte physiologische Feedback-Reize ersetzt, die entweder gesucht oder vermieden werden sollen. Zu ersteren gehört der Kontakt der Zungenspitze mit dem PUNKT, zu letzteren das Vermeiden des ZAHN-KLICKs (beschrieben unter AUFMERKER). Das Üben erfolgt nach entsprechender Einweisung vorwiegend ausserhalb der gemeinsamen Trainingssitzungen. Man legt zunächst kürzere Übungssequenzen von etwa fünf Minuten fest, die später bis zu einer Stunde gesteigert werden (mit dem Ziel, sie auf den ganzen Tag und schliesslich das nächtliche Verhalten auszudehnen). Hiermit findet dann die Überleitung zum Habitualisieren statt – der Patient soll bei Einsetzen der Dysfunktion möglichst unbewusst auf die geübte Haltung ausweichen.
In diesem Stadium erfolgen stichprobenhaft Kontrollen. Sie werden einerseits im STUNDENPLAN vorgeschrieben, andererseits erfolgen sie anlässlich der Trainingssitzungen, wie beispielsweise beim PUNKTHALTEN. Zu dieser Gelegenheit wird dann die Korrektheit der Haltung präzise kontrolliert; oft schleichen sich geringe Fehler und Nachlässigkeiten beim häuslichen Üben ein, die in ihren Auswirkungen jedoch den gesamten Nutzen in Frage stellen können.
Der geschilderte Therapieablauf ähnelt dem Vorgehen bei Fehlreflexen, bei denen sich ebenfalls ein Zuviel oder „Falsch“, aber auch ein Zuwenig manifestiert. Auch derartige Hypofunktionen zeigen einen vergleichbaren Trainingsverlauf. Der Unterschied liegt im Ziel. Im einen Fall ist eine Steigerung, im anderen eine Abschwächung erforderlich. Grundsätzlich jedoch soll der physiologische Rahmen eingestellt werden. Die mentalen Anstrengungen und auch die Genese, das Zustandekommen der Störung, gleichen sich. Bei letzterem spielt das Umfeld eine besondere Rolle. Für den  Therapeuten sind Stressfaktoren und Fehlernährung aufzuspüren und in Gesprächen mit der Familie zu eliminieren.
Beispiele für therapierelevante Probleme von Hypermotilität sind die bereits in den Buch-Bänden „Myofunktionelle Therapie“ (Hüthig Verlag) beschriebenen Fälle von Ektovertiertheit der Zunge, Lippenlecken, Grimassieren, Mentalishyperaktivität, Wetzen der Zunge an den Zähnen als Hyperfunktion der physiologischen Mundreinigung, wozu auch das zirpende Lufteinsaugen durch die Zahnzwischenräume gehört, das Bekauen von oder Aufbeissen auf Wangen, Zungenrand und Lippen sowie das Zwischendrängen von Teilen dieser Gewebepartien in Interdentalräume, Bekauen von Haarspitzen, Bart und Fingernägeln oder von Fremdkörpern, aber auch gehäuftes Leerschlucken oder Räuspern (wobei das frequente Schniefen durch die Nase möglicherweise mittherapiert werden kann) und alle erdenklichen Arten von Unterkieferbewegungen, wozu auch übermässiges Kaugummikauen zu rechnen ist. Hier sei auch das Spielen mit prothetischen Teilen genannt. Gibt man dem Patienten feste Bezugspunkte und Haltungen vor und stellt ihn in der beschriebenen Weise mental ein, so ist diesen Fehlern zu beizukommen.
Gemeinhin ist für die Kapitel, die sich allgemein mit bestimmten Gruppen von Übungen befassen keine Anleitung für die Patienten vorgesehen. Bei den hier diskutierten Übungen hat es sich als zweckmässig erwiesen, eine generelle Anweisung auszuhändigen (siehe Anleitung HYPERMOBILITÄTSÜBUNGEN)

Anleitung:

Alles Zuviel ist ungesund. Das haben wir auch zusammen festgestellt.
So eine Angewohnheit fällt nicht nur anderen unangenehm auf - das allein wäre vielleicht nicht so schlimm. Aber auch der Körper wird damit ganz einfach überfordert. Das hat Folgen, die wir ja auch besprochen haben. Die Haut bekommt Falten und geht kaputt, die Zähne werden verbogen oder gar wackelig, die Verdauung kann leiden, oder man bekommt leichter eine Erkältung; je nachdem, welche abenteuerlichen Angewohnheiten man sich einfallen lässt. Die Folgen solcher Angewohnheiten verschlimmern das Ganze noch weiter. Da hilft nur, das Richtige zu tun.
Dazu haben wir uns die Signale ausgedacht. Wenn man sich erst daran gewöhnt hat, sie zu beachten, ist es gar nicht so schwer, auf „richtig“ umzuschalten, wenn „falsch“ anfangen will; das gilt sogar für nachts. Und je mehr man übt, desto leichter fällt es, bis man es nachher ganz nebenbei miterledigen kann. Dann kann man mit Recht stolz sein auf den Erfolg und darauf, dass man aktiv etwas für die Gesundheit tut.
Die Haltung, die wir ausgesucht haben, ist gar nicht kompliziert. Sie ist für den Körper sogar einfacher als der Fehler. Durch die Haltung wird der Fehler nicht nur unterlassen, sondern es wird noch etwas Positives bewirkt.

Nebenbei bemerkt kann man sich bei dieser Haltung viel besser auf das besinnen, was man gerade tut. Das gilt für anstrengende Arbeiten genau wie für das Ausruhen, sogar für einen besseren Schlaf.
Also: Stets aufpassen und die Haltung wahren, es lohnt sich.