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PHILOSOPHIE

MFT-EinführungI

ÜBERSICHT

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ÜBUNGEN

Verzeichnis

237
   
Allgemeines Kapitel/Übung

ORBIKULARISÜBUNGEN

Sammlung myofunktioneller Übungen

Einsatz:

Keine Illustration

Bei diesem Kapitel handelt es sich um die generelle Beschreibung einer Gesamtgruppe von Übungen und die Details, die die hier beschriebene Übung  Gemeinsamkeit haben.

Die Übungen gelangen hauptsächlich bei Inkompetenz des Mundspaltschlusses zum Einsatz. Es wird jedoch auch eine ganze Reihe anderer Störungen berücksichtigt. Man kann diese unterteilen in

(A) mehr physische Störungen, die die Validität der nervalen Steuerung oder des Gewebes betreffen und solche, die

 (B) primär auf einer habituellen Fehlfunktion beruhen. Wieder ist die Unterteilung problematisch wegen der fliessenden Übergänge, wird hier jedoch der besseren Übersicht halber vorgenommen.

Unter (A) werden insultbedingte Störungen zusammengefasst wie postoperative Zustände, Rehabilitationsprobleme und angeborene Gewebeschäden.

Zu (B) sollen solche Störungen zählen, die durch Habits entstanden sind oder solche verkörpern.

In der abschliessend wiedergegebenen Liste der Übungen wird jeweils stichwortartig auf das jeweilige Therapieziel der aufgeführten Übung hingewiesen.

Eine weitere Einteilung ergibt sich aus der Anatomie der Perioralmuskulatur, der Anordnung des sehr komplexen Muskels in prinzipiell zwei Faserzugrichtungen (siehe hierzu die detaillierte Beschreibung in Band I, Thiele, E.: Myofunktionelle Therapie in der Anwendung. Hüthig Heidelberg) . (Anatomie: Areal I, Seite 13)

               1. Zirkulär verlaufen die Fasern, die man unter dem Begriff Mundschnürer (Anatomie: Areal I, Seite 11) zusammenfassen und als eigentliche Lippenmuskeln bezeichnen kann. Sie schliessen den Mundspalt, sind jedoch nicht, wie man aus der Übung SCHNÜRSACK vermuten könnte, wie eine Schnur in den Rand eines Beutels eingearbeitet, sondern zumindest in drei Partien zu unterscheiden (Siehe Abbildung 17 a/b). Diese Differenzierung ist nicht nur unter rein wissenschaftlich-anatomischen Gesichtspunkten von Interesse, sondern auch für den Ansatz der Übungen, respektive die Einordnung der Störungen, von bestimmender Bedeutung. Wird das bestehende Problem nicht der tatsächlich betroffenen Muskelpartie zugeordnet, so wird auch nicht die passende Übung eingesetzt. Der Erfolg bleibt aus.

Die drei erwähnten Muskelpartien der zirkulären Perioralmuskulatur lassen sich grob unterscheiden in das zentrale Faserbündel, das am weitesten innen und oberflächlich zum Mundspalt liegt, das mediale Bündel, das mehr den Lippenkörper gestaltet, und das periphere Faserbündel, das den Aussenrand der Lippen repräsentiert. Manche Faserzüge liegen eher oberflächlich, manche mehr in der Tiefe zum Vestibulum („innen“) hin, einige haben einen hakenförmigen Verlauf, der sich direkt unter der deckenden Haut verankert (und so der Haut eine spezielle Beweglichkeit verleiht). Es soll hier jedoch nur soweit differenziert werden, wie es das Training mit den verschiedenen einzusetzenden Übungen erfordert. Dazu genügt die Unterscheidung von zentralem, medialem und peripherem Bündel.

                 2. Im Antagonismus zum Schnürer stehen die Faserzüge, die das Öffnen des Mundspaltes bewirken. Diese verlaufen radiär, also vom Zentrum, vom Schnürer zentrifugal in die angrenzenden Gebiete rund um den Mund hinein. Sie sind  (Anatomie: Areal I, Seite 13) als die Radspeichen bezeichnet und werden  gewohnheitsmässig beim eigenen Namen - Cygomaticus, Risorius (und so weiter), als Lippenheber oder -senker - genannt. In ihrem Ansatz (Insertio)sind sie jedoch in den zirkulären Schnürerteil integriert. Auch für diese einzelnen Züge gibt es jeweils eine entsprechende Übung.

Ebenfalls im Antagonismus bei speziellen Funktionen stehen die lateral vom Orbicularis angeordneten Muskelzüge, die mit diesem zusammen den „Gürtel“ (Seite 11) bilden. Sie wirken zentrifugal in Bezug auf den Mittelpunkt des Mundspaltes (wie beispielsweise bei der Übung BREITES GRINSEN).

Wie oben erwähnt, soll in der abschliessend aufgeführten Übersicht der verfügbaren Übungen stichwortartig auf den jeweiligen speziellen Einsatz hingewiesen werden. Angeordnet sind die Übungen nach dem soeben beschriebenen Schema der anatomischen Gliederung, da diese für eine Auswahl von vorrangiger Bedeutung ist.

Inhalt:

Der Inhalt der Übungen ist übungsspezifisch je nach Therapieziel ausgerichtet.

Material:

Die Materialien sind ebenfalls dem Therapieinhalt angepasst. Vielfach dienen sie als AUFMERKER  oder aber als Übungsinstrument. Unter letzteren finden sich auch oft passive Instrumente oder Gerätschaften, wie beispielsweise die Mundvorhofplatte oder die Watterolle, deren Einsatz die auch im Text wiederholt diskutierte Frage der funktionstherapeutischen Relevanz aufwerfen.

Ablauf:

- Vorübung: Bei inkompetentem Lippenschluss kommen hier Übungen zur Streckung des Weichgewebes in Betracht. Die

-Ausführung ist wiederum übungsspezifisch. Diskutiert werden kann in komplexen Fällen, ob zunächst die innere Orofacialmuskulatur (Zunge, evtl. Mundboden) oder die äussere, periorale (Lippen / Wangen / Kinn) trainiert werden sollte. Die Tendenz geht dahin, zunächst die innere Muskulatur als die dominante Komponente unter Therapie zu nehmen (hierbei ist von einiger Relevanz, dass die äussere Muskulatur eher auffällig und besser zu überwachen ist. Daraus würde sich ableiten, dass unter Vorübungen die entsprechenden Übungen zur ZUNGENSPITZEN-ORIENTIERUNG anzusetzen wären).

- Timing: Neben der oben erwähnten Frage zum generellen Timing ist hier die Möglichkeit in Betracht zu ziehen,  bestimmte Übungen  zu Serien und Komplexen - als WECHSEL-ÜBUNGEN , STEIGERUNGSÜBUNGEN  oder nach dem BAUKASTENPRINZIP zusammenzufassen.

Charakterisierung:

Eine generelle Charakterisierung der Übungen ist nicht möglich, da sie die gesamte Palette der Charakteristika umfassen.

Beachtung:

Das periorale Muskelfeld wird, gemäss seiner Entwicklung (Areal I, Seite 12) immer ‚mehr oder weniger’ in seiner Gesamtheit reagieren. Da die Mimik jedoch äusserst differenziert arbeitet, besteht durch die beschriebenen Übungen die Möglichkeit, bei präzise ausgeführter und kontrollierter Übungsausführung spezielle Muskelzüge intensiver und vornehmlich anzusprechen.

Diskussion:

Bei einem Grossteil der ORBICULARISÜBUNGEN kann zur Steigerung der Intensität innerhalb der Übung zusätzlich der BALLON vorgeschrieben werden. Es laufen dann praktisch zwei Übungen simultan ab. Der BALLON fordert dabei erheblich mehr Tonus, wobei im entsprechenden Kapitel darauf hingewiesen wird, dass die Übung verschieden ausgeführt werden kann (Aufblasen der gesamten Mundhöhle oder nur des Vestibulums; spezielle Beschreibungen der Muskulatur: Areal I, Seite 11).

Wie oben beschrieben lässt sich bezüglich der Zielmuskulatur zwischen den zirkulär verlaufenden Fasern der beiden Bogen des Mundschnürers und den in diesen einstrahlenden radiär verlaufenden Fasern der ‘Radspeichen’-Faserzüge unterscheiden (Abb. 2, Seite 03, Abb.17, Seite 13).

Je nach Lage heben sich sodann die zirkulären, im Kreisbogen verlaufenden Faserzüge in ihrer Wirkweise gegeneinander ab, die mehr zentralen zur Mitte (zum Mundspalt hin) verlaufenden und die mehr peripheren, am äusseren Lippenrand gelegenen Fasern. Bezüglich einer Streckwirkung von ORBICULARISÜBUNGEN ist zu differenzieren, welche Muskelzüge gestreckt werden sollen:

Einerseits wirken die angespannten Zirkulärfasern streckend auf die radiären, andererseits lässt sich ein Strecken der verbundenen „Gürtel“-Muskulatur (Abbildung 18, Seite 11) erwirken, wenn diese bei den Übungen möglichst vom Arbeitstonus ausgeschlossen wird.

Übungen, die jeweils speziell diese beiden Gruppen und innerhalb dieser gezielt die unterschiedlichen Faserzüge ansprechen, sollen hier gesondert aufgelistet werden:

Radiäre Faserzüge :

NASERÜMPFEN, HUNDEKNURREN, ZYNISCH LÄCHELN, BREITES GRINSEN, ,I’-ÜBUNG / AUFZUG, DIRIGENT.

Zirkuläre Faserzüge:

,O’-ÜBUNG, KIRSCHE, RÜSSEL, SCHNÜRSACK, FLUNSCH. Der Tonus dieser Faserzüge kann über Messungen mit dem Tonometer kontrollierte werden. Ist die Übungsstellung eingenommen, so wird das Mundstückröhrchen behutsam zwischen die Lippen geschoben und im Mundinnenraum Luftdruck aufgebaut, der sich auf die Messuhr überträgt. Der Lippenschluss um das Röhrchen ist nun jeweils so stark, wie die Messuhr anzeigt. Dies entspricht dann dem Tonus der gerade in der speziellen Übung angespannten Muskelzüge.

In der nachfolgenden LISTE DER ÜBUNGEN sind alle relevanten Übungen aufgeführt, mit einer Kurzerklärung erläutert und einer Ziffer versehen, die sich auf die folgende Auflistung der hauptsächlichen Störungen bezieht.

Da das Orbicularisgebiet nicht nur die Lippen einschliesst, sondern auch von den einstrahlenden Muskelzügen (Radspeichen) nicht isoliert betrachtet werden kann, wurden diese mitberücksichtigt.

Die folgenden Störungen können mit diesen Übungen behandelt werden, die relevanten Nummern erscheinen in der nachfolgenden Liste hinter der jeweiligen Übung:

(1) Inkompetenter Lippenschluss,

(2) schlaffe Wangen,

(3) weicher Lippenbogen,

(4) schlaffer (Schnuller-) Mund (Hypotonus),

(5) Hypomobilität,

(6) Lippenpressen,

(7) Wangenpressen,

(8) Mentaliskrampfen (Hypertonus),

(9) Hypermotilität wie Lippenbeissen, -knabbern und -einsaugen so wie

(10) Hypomotilität und fehlerhafte Haltung der Lippen.

Das ‚[T]’ hinter der Beschreibung besagt, dass in der Übung Tonometermessungen möglich sind.

    LISTE DER ÜBUNGEN

 

BALLON                                  

Tonussteigerung in der ‘Gürtel’-Muskulatur, Lippenschluss unter Luftdruckspannung  (1 bis 4) [T].                                                   

BALLPUSTEN                         

Luftstromkontrolle, ‘Gürtel’-Muskulatur  (1 bis 4, 6).

BRABBELN                             

Relaxieren, Orbicularis (6 bis 8, 10).

BREITES GRINSEN                

Strecken des Orbicularis, Tonussteigerung im Gürtel (3, 5 bis 7).

CLOWNY                                                  

 siehe LIPPENMASSAGE.                                    

DICKE LIPPE                             

Manipuliertes Abblocken des Zwischengleitens der Lippe zwischen die Frontzahnbögen (9).

DIRIGENT                                 

Pseudomanipulierte Motilitätsübung (unilateral) (2 bis 5).

,FIRST DAY KIT'                      

Manipulationsaktion zum Abstellen des Habits Fingernuckeln (Ursache für Orbicularisstörungen) (1, 3 bis 5).     

FLÖCKCHENPUSTEN            

Feinmotorische Luftstromkontrolle durch den Orbicularis (1, 3 bis 5, 7, 9, 10).

FLUNSCH                                    

Gezielte Tonussteigerung der peripheren Orbicularismuskulatur für die Vertikalbewegung. [T]

GEWICHTHEBEN                      

Motilitätssteigerung der Lippenmuskulatur (1, 6, 7, 9).

GORILLA

Strecken von Kinnpartie und Unterlippe.              

HALMBLASEN

Manipulierter fester Lippenschluss um den Halm bei grobmotorischer Anspannung des ‘Gürtels’ (1 bis 5)

HALMSAUGÜBUNG

Statisches Anspannen  des ‘Gürtels’, Halteübung für die Lippen (1, 3, 4, 10)

HÖLZCHENHALTN

Feinmotorisch koordiniertes Anspannen gezielter Areale beim Mundspaltschluss (1, 3, 9)

HUNDEKNURREN

‘Radspeichen’-Muskeln, Mobilität oder Motilität (9, 10).

,I'-ÜBUNG

Aktives Strecken der Unterlippe-Kinn-Partie (8)

KIRSCHENMUND

 Koordiniertes Anspannen definierter Orbicularispartien(1, 3 bis 5, 10) [T].

LIPPENMASSAGE ("CLOWNY") 

Aktive Streckübung des Lippengewebes (1, 3 bis 5, 10)

,L-M'-HALTUNG

Bereitschaftshaltung von Lippen und Zungenspitze (1, 3, 6, 8 bis 10).

LIPPENSCHLUSS-ÜBUNGEN

Diese Übungen sind hier nochmals mit aufgezählt, sie stellen jedoch nur einen Teil der ORBIKULARISÜBUNGEN dar. [T]

LIPPENSTRECKEN

Siehe LIPPENMASSAGE

LOCKER SCHLUCKEN                

Kontrolle von Hypertonien und  -mobilitäten (6 bis 9).

,M'-HALTUNG

Bereitschaftshaltung  Lippen, leichter Lippenschluss

(1, 3, 4, 6, 8, 9).

MENTALISMASSAGE

 Passive Dehnübung (8).

MENTALISSTRECKÜBUNG

Aktive Dehnübung    (8)

,M-O-I’

Ausgangshaltung (multifunktionell) [T]

MUNDATMER

Dieser Übungskomplex ist hier mit aufgeführt, da häufig sekundär ein inkompetenter Mundspaltschluss mit auftritt.

NASERÜMPFEN

 Feinmotorische Motilitätsübung einstrahlender Züge (1,4).

,O'-ÜBUNG

Grobmotorisches Anspannen der gesamten Orbicularismuskulatur und aktives Dehnen der Wangenregion (1 bis 5)  [T]

OBERLIPPENMASSAGE  (PASSIV)

Passive Dehnübung (1, 3, 4 ).

OBERLIPPENSTRECKEN (AKTIV)  

Aktive Streckübung   (1,3, 4 ).

,P-P-P'-ÜBUNG

Mehr feinmotorische Motilitätsübung und Tonussteigerung (1 bis 4, (9),10 )[T]

PIPELINE

Halmsaugübung (1,5,10).

PLÄTTCHENHALTEN

Feinmotorische Halte- und Haltungsübung (1,6,8,9).

POSAUNEBLASEN

Mehr grobmotorisch zur Steuerung von Wangen- und Lippentonus (1 bis 6).

PUH-ÜBUNG

Gezielte Lockerung ( 6 bis 8).

PUSTEROHR

Hier zur Tonuskontrolle des ‘Gürtels’ (1 bis 4).

RÜSSELKREISEN

 Mobilitätsübung für den gesamten Orbicularis (1 bis 5)

RÜSSELÜBUNG

Gesamte Orbicularismuskulatur samt ‘Radspeichen’(für letztere als Streckübung),( 1 bis 5)  [T]

RÜSSELZIEHEN

Gesamte, besonders periphere Orbicularismuskulatur und ‘Radspeiche, Streckübung (1,6,8,9)

RUHEHALTUNG

Nachthabitualisierung , auch bei Schlaf-Apnoe, sonst:  Halte- und Haltungsübung (1 bis 10)   

SALZBRÜHEHALTEN

Manipulierte Haltungsübung  (6 bis 9)

SCHIEFES GRINSEN

Gezielte Unilateralübung des Risorius (11)

SCHNÜRSACK

Gezielte Kräftigungsübung für die peripheren Orbicucularisanteile (1, 3 bis 6)  [T]

SCHRECKGESPENST

Streckübung lateral für den Orbicularisring (6,9).

STROHHALTEN

 Manipulierte Halteübung für die Orbiculariskräftigung (1, 3, 4).

TAUZIEHEN

Spielübung, Streck- und Kräftigungsübung (1 bis 4).

WATTEROLLE

Manipulation (9).

,ZIP'-ÜBUNG

Feinmotorik im Vestibulumbereich, Vorübung für den Orbicularis für die Schluckfunktion.

ZYNISCH LÄCHELN

Mundwinkelheben schräglateral  (3 bis 5). Halte- und Haltungsübung (1 bis 10).

Anleitung

Durchführung der Übung spezifisch.